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Weltsprache

■ Wie der Hund uns mit Ulan Bator verbindet. Dokumentarfilm ("Hundeleben", 0.15 Uhr, Arte

Mongolisch. Man versteht wirklich kein Wort. Eine Sprache, die die entrückte Fremdartigkeit eines Landes heraufbeschwört, das dem westlichen Erdbewohner fern wie der Mars und obendrein noch wie ein Produkt undurchschaubarer soziopolitischer Diskrepanzen vorkommen mag.

Hunde hingegen sind universell, weltweit nachvollziehbar und von integrer Wesensart. Ihre Körpersprache ist für den Menschen vertrautes Terrain. Sie hecheln, wenn ihnen warm ist, schütteln ein Stück Fleisch kurz wie lebende Beute, fressen hastig und in sich gekehrt und können einen durchdringend angucken oder auch beißen – egal, ob in Brüssel oder Ulan-Bator. Werden sie geliebt oder gebraucht, nennt man sie Bello oder Baasar, streicht ihnen lobend über den Kopf; wenn nicht, werden sie überflüssig und von zuständigen Zivilisationswächtern beseitigt.

Der preisgekrönte belgisch- mongolische Dokumentarfilm „Hundeleben“ schildert aus der Hundeperspektive die Geschichte eines Ex-Hirtenhundes namens Baasar, der von einem städtischen Hundejäger abgeknallt wird – und würde eigentlich auch in rein mongolischer Sprache funktionieren, so feinsinnig und sprechend sind die Bilder der umhertrottenden Geschöpfe inmitten der unsäglich desolaten Stadtlandschaft von Ulan Bator mit ihren Schmuddelwolken und rauchenden Industrieschornsteinen, der giftgelben Sonne hinter den Müllhalden und den mit Säcken und Tiergerippen beladenen russischen Lastwagen. In den struppigen Hunden mit dem hektisch gebückten Laufschritt des Streuners erkennt sich der Geistgewordene wieder, genau wie in den Hundekadavern, die steif und mit geblecktem Gebiß in der Gegend herumliegen, vom Wind kaltherzig zugeweht.

Aber dann wiederum kommen die deutschen Untertitel auch ganz gelegen. Baasars eloquente Seele erinnert sich an die Stationen ihres Lebens als Hund und beschaut glücklichere Tage bei ihrer ehemaligen, nomadisch lebenden Familie, ehe diese in die postsowjetische Provinzhauptstadt zog und das Haustier treulos den Laufpaß gab. Es waren einmal antike Gelassenheit und leise Stimmen, naturbelassener Himmel über der Steppe, Zelte (vor denen tatsächlich die Satellitenschüssel stand), Tierherden und die wettergegerbte Großmutter in der Frühjahrssonne.

Peter Brosens und Dorjkhandyn Turmunkh haben in ihrem anderthalbstündigen Film viel Zeit für sehr lange, sehr bedächtige Einstellungen, graphische Bilderkompositionen und O-Tönen aus Hundegebell, fernem Motorenlärm und passioniert vorgetragener mongolischer Dichtkunst. Baasars verhaltener hündisch-lyrischer Lebenslauf bellt stolz von Landessitten, beweint aber desgleichen schwermütig die längst in der Mongolei eingekehrten, unwiderbringlich deformierenden Zivilisationsformen wie Plattenbau und Käuflichkeit. Zwar findet die vagabundierende Hundeseele am Ende (nach mongolischem Glauben) im Körper eines Babys ein neues Zuhause, ein Seelentrost ist das allerdings – die Karawane muß weiter nach Westen ziehen – kaum. Monie Schmalz

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