Was will und wofür steht Schröder? –betr.: Lafontaine-Rücktritt

Daß Lafontaine es leid war, Buhmann für Schröder zu sein, ist nur allzu verständlich. Daß die Regierung sich so chaotisch präsentiert, lag auch nicht an Lafontaine, sondern es lag und liegt an Schröder. Die Frage heißt: „Was will und wofür steht Schröder?“ Wenn er das wenigstens selbst wüßte, wäre diese Regierung ein ganzes Stück weiter. [...]

Langsam aber sicher stellt sich die Frage, ob er als Kanzler überhaupt tragbar ist. Einen prinzipien- und konzeptionslosen Kanzler können wir in der momentanen Situation nicht gebrauchen. Gespannt sein darf man auch darauf, ob die SPD-Linke auf dem Sonderparteitag nicht einen Gegenkandidaten für den Parteivorsitz nominiert und dieser dann mit großer Mehrheit gewählt wird. Wünschenswert wäre es, denn „Schröder pur“ habe ich am 27. September 98 nicht gewählt. [...]

Die SPD sollte sich mit den Grünen schnellstens auf eine Strategie und politische Inhalte für die nächsten Jahre verständigen und diese konsequent und zielgerichtet umsetzen. Wenn sie dazu nicht fähig sein sollte und weiter nach dem Prinzip der Echternacher Springprozession regiert, sollte sie diesem Herumgehopse ein Ende machen und Neuwahlen ansetzen. [...] Ingo Kindgen, Bergheim

betr.: „Die SPD will keine Visionen mehr“, taz vom 15.3.99

Im Interview erklärt Franz Walter, daß es der SPD-Spitze gelungen sei, „Grundüberzeugungen“ zu kassieren, „ohne daß es zu wütenden Protesten in der SPD gekommen wäre“ (Asyl etc.) Hierzu ist anzumerken, entweder ist Franz Walter taubstumm und desinteressiert, oder er will mit dieser Aussage eine Realität konstruieren, die es so nicht gibt. Tatsache ist, daß gerade der sogenannte Asyl-Kompromiß zu zahlreichen Austritten und Konflikten in der SPD geführt hat. Damals traten zwei Mitglieder des Juso-Landesvorstandes aus der SPD aus. Nach dem Asyl-Kompromiß ist es sehr schwer gewesen, Jugendliche für Juso-Gruppen zu interessieren. Ständig wurde man mit dem Vorwurf konfrontiert, daß die SPD eingeknickt sei.

Ferner finde ich seine These streitbar, daß die SPD von heute viel homogener sei als in den 70er Jahren. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Walter und Lösche in der Einleitung ihres Klassikers zur SPD gerade hervorgehoben, daß die SPD eine differenzierte Mitglieder- und Wählerschaft hat. Daran schließt sich die Frage an, ob eine homogene Mitgliederschaft automatisch näher an Schröder ist und ob diese Mitgliedschaft keinerlei Ideen und Visionen braucht. Gerade an Hombach und Schröder sieht man doch den Versuch, eine neue Idee (Dritter Weg) ins Leben zurufen. Dies spricht doch eher dafür, daß Hombach/Schröder eine Vision brauchen. Wozu wohl?

Wahrscheinlich um sich zu legitimieren, aber auch um mehr Ausstrahlungskraft zu beweisen. [...] André Berthy

betr.: „Die Macht, sie hat Namen und Gesicht“, taz vom 13.3.99

Herr Semler weist in seinem Artikel auf das Schauspielhafte von Lafontaines Rücktritt hin. In diesem Zusammenhang kann man sich außer an Shakespeare auch noch an einen anderen englischen Schriftsteller erinnert fühlen. Und zwar an Douglas Adams. Der stellt in seinem „Per Anhalter durch die Galaxis“ fest, daß der Präsident der Galaxis über keine wirkliche Macht mehr verfügt, sondern durch entsprechendes Auftreten von ihr abzulenken hat. Offenbar ist auch hierzulande inzwischen dieser Zustand erreicht. Und die Schauspieler der Macht haben sich der Person entledigt, die dachte wirklich Macht ausüben zu können. Aber das Ökonomische bestimmt wie gesagt unser aller Leben.

Im übrigen ist laut Douglas Adams jede Person, die Macht anstrebt, die denkbar ungeeignetste, diese auszuüben. Rudi Jäger, Tübingen