: Kirch – kein Segen für Hamburg
Hunderte von Jobs gefährdet: Privatsender Premiere wird von Film-Mogul Leo Kirch gekauft. Umzug nach München droht ■ Von Sven-Michael Veit
Das wäre, sorgt sich Farid Müller, „ein ganz schwerer Schlag für den Medienstandort Hamburg“. Er werde alles versuchen, versicherte der wirtschaftspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, um „den Sender Premiere und dessen Arbeitsplätze in der Hansestadt zu erhalten“. Ein ehrgeiziges Ziel, denn sein Widerpart ist der Münchner Medien-Mogul Leo Kirch. Der größte Filmrechte-Besitzer der Welt wird ab nächster Woche faktisch Alleinherrscher beim Hamburger Pay-TV-Sender Premiere werden. Der Bertelsmann-Verlag wird 32,5 Prozent seiner Anteile verkaufen und lediglich fünf Prozent behalten, Leo Kirch wird künftig mit 57,5 Prozent Mehrheitseigner des Senders sein. Zudem besitzt er weitere 37,5 Prozent der Stimmrechte.
Als Folge der Übernahme dürften über kurz oder lang der Produktionsstandort und damit die meisten der etwa 950 Arbeitsplätze nach München verlagert werden. Dort betreibt Kirch den Digitalsender DF1 und verfügt über ungenutzte Studios und Büros. Kurzfristig befürchtet der Premiere-Betriebsrat den Abbau von „etwa 300 Jobs in den Bereichen Sendetechnik, Programmplanung und Sport“. Über den Verbleib anderer Abteilungen in dem gemieteten Komplex auf dem Gelände von Studio Hamburg in Tonndorf könne man zur Zeit nur spekulieren: „Mit uns hat von Seiten Kirchs offiziell noch niemand gesprochen.“
Transparenz scheint bei Kirch eh nicht gern gesehen zu sein: Zur gestrigen Pressekonferenz von GAL und Premiere-Betriebsrat erschien kein Redaktionsmitglied einer Springer-Zeitung. Kirch hält 40,05 Prozent am Springer-Verlag.
Der Unternehmenssprecher von Premiere, Arnold Kulbatzki, wollte einen konkreten Termin für die Übernahme nicht bestätigen: „Innerhalb der nächsten 14 Tage“ könnte der Vertrag unterzeichnet werden. Für eine Verlagerung von Teilen der Premiere-Produktion auf die Münchner Kirch-Studios gebe es jedoch „keine Entscheidungen und keine Zeitschiene“. Wenig sinnvoll erscheine aber eine Verlagerung zum Beispiel des Call-Centers und der Abteilung Decoder, in denen allein fast 500 MitarbeiterInnen tätig sind. Anders als bei Technik und einzelnen Redaktionen gebe es da „keine Synergieeffekte“.
Auf die setzt hingegen GALier Farid Müller. Er will sich mit SPD-Wirtschaftssenator Thomas Mirow „kurzschließen“, um gemeinsam „alle Chancen zu nutzen, Premiere in Hamburg zu halten“. Das wolle Mirow auch, erklärte dessen Sprecher Bernd Meyer. Sobald es einen neuen Eigentümer des Senders und damit einen Ansprechpartner gebe, werde der Senator „ganz gewiß das Gespräch suchen“.
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