: SPD hält an Zeitplan für Wasserbetriebe fest
■ CDU-Fraktion verschiebt umstrittene Anhörung mit Bewerbern für Teilprivatisierung der Wasserbetriebe. PDS befürwortet eine erneute Kapitalentnahme bei dem Wasserversorger
Die SPD hat zwei Tage vor dem morgigen Koalitionsausschuß die CDU wegen ihrer Blockadepolitik bei der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe angegriffen. Der SPD- Abgeordnete Hermann Borghorst bezeichnete das Abrücken der CDU vom Koalitions- und Senatsbeschluß als einen „wirtschaftspolitisch einmaligen Vorgang“. Mitten in den Verhandlungen mit den Investoren mache die CDU eine „Rolle rückwärts“, so Borghorst. „Ein solcher Umgang mit nationalen und internationalen Investoren ist unerträglich und schadet dem Ansehen Berlins.“
Die SPD-Fraktion hat für die Teilprivatisierung weitere Rahmenbedingungen formuliert, darunter den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Zudem sollen die Wasserpreise bis 2002 stabil bleiben und danach langfristig sinken. Als unproblematisch wertete Borghorst, daß das Beraterunternehmen Merrill Lynch, das die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe begleitet, seit einigen Tagen den Auftrag habe, in den USA den Börsengang eines Bieters vorzubereiten. In solchen Fällen werde vereinbart, firmenintern keine Informationen über die beiden Vorgänge auszutauschen. Daher sehe er keine Interessenkollision.
Unterdessen hat der Wirtschaftsausschuß der CDU-Fraktion die für heute geplante Anhörung der interessierten Investoren verschoben. Die geplante Anhörung war von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing kritisiert worden.
Die SPD hält an ihrem Zeitplan fest, das Wasser- und Betriebegesetz bereits am 25. März im Parlament zu verabschieden. Die Finanzsenatorin will bis Ende März auch den Verkauf der 49 Prozent Anteile an den Wasserbetrieben beschlußreif verhandeln. CDU- Fraktionschef Klaus Landowsky bekräftigte gestern indes, daß die CDU „nichts übers Knie brechen“ wolle und auf keinen Fall bis Ende März den Gesetzesänderungen im Parlament zustimmen wolle.
Borghorst bezeichnete den von Landowsky vorgeschlagenen Weg einer erneuten Kapitalentnahme bei den Wasserbetrieben als „nicht sinnvoll“. Dies schwäche die Investitionstätigkeit und erhöhe den Druck für Personalabbau.
Dagegen favorisiert auch die PDS eine weitere Kapitalentnahme in Höhe von bis zu zwei Milliarden. PDS-Fraktionschef Harald Wolf verwies darauf, daß die Wasserbetriebe im Vergleich zu anderen Wasserunternehmen mit derzeit 47 Prozent überdurchschnittlich viel Stammkapital hätten. Branchenüblich sei ein Wert von 35 Prozent. Nach Entnahme von zwei Milliarden Mark würde die Eigenkapitalquote noch 30 Prozent betragen. Die Kapitalentnahme müsse nicht zu einer Erhöhung der Wassergebühren führen.
Eine „dringliche Aufforderung“ an die Große Koalition, den Verkauf der Landesanteile nochmals zu überdenken, kam gestern auch vom „Aktionsbündnis Betriebskostensenkung“, zu dem sich der Berliner Mieterverein sowie drei Hausbesitzervereinigungen zusammengeschlossen haben. Das Aktionsbündnis befürchtet, daß es infolge der Teilprivatisierung zu einer Preissteigerung von 30 Prozent komme. Dorothee Winden
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