Kommentar: Poker am Bahnhof
■ Investor spielt mit Wirtschaftspolitikern
Der offenbar etwas ahnungslose Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) hat noch im Februar alle Hinweise auf Probleme beim Investitionsprojekt am Bahnhofsplatz vom Tisch gewischt und ohne wenn und aber schriftlich versichert, daß „die Widerkehr GmbH das in Rede stehende Grundstück erwerben wird“. So würde selbst diese Bietergruppe das nicht sagen.
Die Widerkehr will erst einmal bis zum 31.12.1999 verbindliche Mietverträge sehen, in denen stehen soll, daß alle Verträge bis zum 31.1.2000 für ungültig erklärt werden können, „falls wider Erwarten die Liegenschaft nicht realisiert wird“. Nur mit einer ungewöhnlich hohen Vermietungs-Garantie scheint der Investor von den Banken das erforderliche Geld zu bekommen. Das bedeutet im Umkehrschluß: Die Widerkehr-Gruppe hat weder selbst das Geld noch den Kredit bei ihrer Bank, um ein Risiko beim Projekt am Bahnhofsplatz zu übernehmen.
In Branchenkreisen hat die Gruppe den Ruf, daß sie gern während laufender Kaufvertrags-Verhandlungen noch einmal den vereinbarten Preis in Frage stellt. Alles sieht danach aus, daß das auch im Falle des Bahnhofsplatzes so ablaufen muß. Widerkehr hat fast blind den erwünschten Preis versprochen. Das muß den Wirtschaftsexperten der Stadt aufgefallen sein. Warum fallen sie auf sowas rein?
Klaus Wolschner
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