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AnalyseMonopoly weltweit

■ Die Fusionitis erreicht Italien. Zwei neue Banken-Kolosse entstehen

Daß sich Italiener gern auf der Überholspur aufhalten, ist nicht nur Ferrari-Fans bekannt, und daß sie am liebsten zum Überholen ansetzen, wenn es der Vordermann absolut nicht erwartet, auch. Nun auch im Bankenwesen: Während alle Welt zusieht, ob die Deutsche Bank und Bankers Trust mehr gebären als ein Mäuslein, während Frankreichs Aktienritter die Übernahmeschlachten der Banque Nationale de Paris gegenüber der Société Générale beobachten, haben die Italiener klammheimlich den sechsten Gang eingelegt und am Wochenende ihre bisher im hinteren Mittelfeld dümpelnden Kreditinstitute zu zwei mächtigen Kolossen zu bündeln gesucht: Auf der einen Seite wollen die Unicredit und die Comit zusammengehen, zwei vor allem auf Geschäftskredite spezialisierte Institute, auf der anderen Seite wollen die Banca di Roma und das Istituto bancario San Paolo di Torino fusionieren, die neben dem Geschäftswesen vor allem Massensparer bedienen. Damit würden beide einen Platz unter Europas 15 Größten erreichen.

Hinter der Fusionsmanie stehen Interessen, die weit über das Bankenwesen hinausgehen. Vor allem die Versicherungskonzerne ziehen derzeit die Fäden. Die Übernahmeschlacht in Frankreich sieht dabei zum Beispiel die Axa-Versicherung in der Auseinandersetzung mit der ebenfalls in Frankreich engagierten Allianz. Auch hinter der italienischen Eilfusion steht ursprünglich ein Versicherungskonzern – die Generali (zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil sie den Hinterbliebenen von Lebensversicherten, die im KZ umgekommen waren, zuerst ein großzügiges Entschädigungsangebot machte, dies dann aber zurückzog), die die Fusion Uniocredit-Comit vorangetrieben hat. Ziel: die auch in Italien immer stärker werdende Allianz im Zaum zu halten.

Die zweite Fusion dagegen sieht, eher untypisch für die heutigen Verhältnisse im weltweiten Bankermarkt, nicht Versicherungen und andere Geldbewahr-Trusts an der Arbeit, sondern den größten Familienkonzern Europas, Fiat mit dem Mehrheitsaktionär Familie Agnelli: Sie will verhindern, daß ihre Geschäfte über kurz oder lang von den Bankgiganten abhängig werden, so daß sie mit ihren eigenen, bisher eher mittleren Banken, nicht mehr auskommen würden.

Das Manöver hat zudem – national gesehen – den Vorteil, daß in die Konzentrationsbewegungen nun mehr ausländische Banken hineingezogen werden als bisher: So muß sich nun auch die Deutsche Bank erklären, die ansehnliche Anteile an Fiat hält. Auf diese Weise, so die schlitzohrige These der Italiener, kann man die Großen der globalen Fusionierung schön gegeneinander ausspielen und bekommt Einfluß, auch wenn man selbst nicht zu den allergrößten der Branche gehört. Werner Raith

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