piwik no script img

Neue Vorwürfe gegen Dioxinschleuder

Nach dem Dioxinunfall der Duisburger Recyclingfirma B.U.S. kritisieren Umweltschützer die Behörden: Sie hätten bei der Genehmigung der Anlage die Störfallverordnung nicht angewendet  ■ Aus Bochum Marcus Meier und Felix Pullmann

Eine Woche nachdem bei einem Störfall im Duisburger Recyclingbetrieb B.U.S. eine Tonne dioxinhaltiger Staub freigesetzt wurde, erhebt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schwere Vorwürfe gegen die zuständigen Behörden.

Außerdem beantragte der Umweltverband gestern beim Staatlichen Umweltamt Duisburg die Betriebsstillegung und den Widerruf der Betriebserlaubnis der B.U.S. GmbH. Nur so könne der Schutz der Bevölkerung gewährleistet werden. Aufgrund der mangelhaften Informationspolitik des Unternehmens konnten erst am Donnerstag, drei Tage nach dem Austritt des Dioxins, Reinigungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die Behörden hätten bei der Genehmigung der Anlage sicherstellen müssen, daß diese der Störfallverordnung des Bundesimmissionsschutzgesetzes unterliege, lautet der Vorwurf des Geschäftsführers des nordrhein-westfälischen BUND-Landesverbandes, Dirk Jansen. Denn dies hätte besondere Auflagen bezüglich des Umgangs mit den Gefahrstoffen zur Folge gehabt und zudem eine Fernüberwachung durch die Behörden ermöglicht. „Obwohl die B.U.S. Metall GmbH tagtäglich mit hochgradig dioxinbelasteten Reststoffen hantiert, haben es die Behörden offenbar unterlassen, die Störfallverordnung zur Anwendung zu bringen“, kritisiert der Umweltschützer.

Auch in punkto Arbeitsschutz sind schwerwiegende Versäumnisse in dem Duisburger Werk zu beklagen, moniert Peter Gasse, erster Bevollmächtigter der IG Metall Duisburg. Die IG Metall versucht seit Frühjahr 1998, diese Mängel aufzudecken. Anlaß war ein Unfall mit Verbrennungen, der, so Gasse, „die großen Unzulänglichkeiten hinsichtlich des technischen Arbeitsschutzes und der persönlichen Schutzausrüstungen verdeutlicht hat“. Gesetzliche Forderungen wurden „ignoriert oder nur äußerst unzulänglich erfüllt“, sagt Gasse. Dies betreffe „den Aushang von Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblättern, außerdem das Vorhandensein einer Gefährdungsermittlung und eines Gefahrstoffkatasters“, so der Gewerkschafter. Auch sei dem sicherheitstechnischen Betreuer gekündigt worden, obwohl eine eigene Fachkraft noch nicht ausgebildet gewesen sei. Die Geschäftsführung hat sich bisher gegenüber den Arbeitnehmervertretern nicht dialogbereit gezeigt. So sei nicht einmal die zuständige Berufsgenossenschaft von der Firma über den Dioxinstörfall informiert worden.

In der Umgebung des Werkes entnommene Proben ergaben laut Landesumweltamt 680 bis 2.100 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm untersuchten Staubs. Eine innerhalb der Firma genommene Probe des Staubs, der von einer niederländischen Zinkschmelzanlage zur Verwertung an die Duisburger Firma geliefert worden war, enthielt einen Wert von 7.400 Nannogramm des Seveso-Giftes. Der Lieferant hatte dagegen 4.900 Nanogramm angegeben. Laut Landesumweltministerium könne dies an der unterschiedlichen Durchmischung des Materials liegen, im Durchschnitt könne der angegebene Wert daher durchaus richtig sein. Man gehe der Sache nun nach, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Nach Ansicht von Hermann Dierkes von der Bürgerinitiative gegen Umweltgifte Duisburg ist die Abweichung von den angegebenen Werten bezeichnend für die Arbeitsweise des Unternehmens. Er befürchtet, daß hier nur die Spitze eines Eisbergs sichtbar geworden ist. „Die Zuverlässigkeit der Verantwortlichen bei der B.U.S. sowie von Lieferanten ist nicht gegeben“, urteilt Dierkes.

Die B.U.S. hat zwar angekündigt, ihre Informationspolitik nun zu ändern. Jedoch wurde eine Stellungnahme zu den neuen Vorwürfen seitens des Unternehmens verweigert. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Duisburg gegen die Firma. Die Vorwürfe: Die B.U.S. habe gegen das Emissionsgesetz verstoßen und überdies ihre Melde- und Anzeigepflicht verletzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen