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„Ein Riesendankeschön an unser Personal“

■ Gestern gingen Bremens Krankenschwestern auf die Straße und pfiffen sich für ihre Tarifauseinandersetzungen Mut zu / Start der Verhandlungen ist heute in Potsdam

Mit dem Wind pfiffen sie gestern um die Wette, die vielen eingemummelten Krankenschwestern und Pfleger auf ihrem Weg vom Bahnhof zum Goethe-Theater. Und so manches rote, runde Gesicht sah aus wie ein dicker, fetter Pannekauken, wenn es gar nicht traurig in seine gelbe Trillerpfeife blies. Rote Fahnen trugen sie auch und kämpften zu Tausenden für den Erhalt ihrer Schichtzuschläge gegen den Gegenwind an (die Polizei sprach von 1.000, die ÖTV von 3.000 Demonstranten). Denn darum geht es fürs Pflegepersonal aus den Krankenhäusern ab heute: In ganz Deutschland wollen sie bei den jetzt beginnenden Tarifverhandlungen verhindern, daß die 3,1 Prozent Lohnzuschlag, die sie sich grade erstritten haben, ihnen nun hintenrum bei Arbeitszeit und Überstundenentlohnung wieder weggenommen werden.

„Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Wochenendzulage, Nachtzulage, Drei-Stunden-Rufbereitschaft, Intensivzulage, ...“, puh, so schnell kann man gar nicht mitdenken, geschweige denn -schreiben, wie Glenn Schütte in seinem grünen Kittel auf dem Goetheplatz die ganzen Abstriche aufzählt, die ihm jetzt drohen: „Bis zu 13 Stunden Arbeit an einem Stück“ würden die kommunalen Arbeitgeber jetzt von ihnen verlangen, weiß der Mann von der Intensivstation im Krankenhaus St. Jürgen, „das läuft auf einen Zwei-Schicht-Betrieb raus“, ergänzt sein Kollege Thomas Taube. Vis à vis, zwischen den blauen Hauben gewalttätiger OP-Generäle, ist derweil eine Krankenschwester in einen Rollstuhl gesunken und wirbelt verzweifelt mit ihren acht(!) Armen Spritzen, Nierenschale und Putzeimer durch die Menge. Auf wessen Kosten das gehen wird, sei ja wohl klar, weiß hier nicht nur Taube: „Schon heute müssen wir uns auf der Intensivstation manchmal mit vier Leuten um 18 Patienten kümmern“ – ein Blick in die ernsten Gesichter genügt: Unter diesen Umständen möchte man dann doch lieber nicht Patient im St. Jürgen werden.

Der Ausweg? Klar – bei aller Wut auf die „unverschämten Arbeitgeberforderungen“ (so das zuständige ÖTV-Flugblatt) – gefragt sei die Politik. Denn das Problem liegt, findet Schütte, bei den zu kleinen Budgets, mit denen die Krankenhäuser auskommen müssen. Dies ist denn auch der Hintergrund für die Demonstrationen, die sich gestern zu 5.000 Mann und Frau hoch durch Niedersachsens und Bremens Städte trillerten: Allein in Bremen müssen die Kliniken nach Schätzung der Krankenhausgesellschaft zwischen 14 und 17 Millionen Mark einsparen, um nach den Lohnerhöhungen mit ihren festgeschriebenen Budgets wieder aus den roten Zahlen zu kommen – Gerüchten zufolge muß das St. Jürgen um knapp acht Millionen zurückschrauben. Denn von den 3.1 Prozent mehr Gehalt tragen die Krankenkassen nur rund die Hälfte, der Rest muß aus dem Sparpotential der Häuser kommen. Doch während man in Hamburgs Kliniken jetzt 1.000 Jobs abbauen will, sieht der Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft Jan Wiegels dafür in Bremen keine Handhabe: „Da sind wir an einer Grenze.“

Die DemonstrantInnen am Goetheplatz würden ihm da wohl zustimmen. Und selbst eine Patientenvertreterin macht an diesem Tag hinter ihrer Flüstertüte gute Miene und gibt „allen Pflegenden ein Riesendankeschön für eure viele Arbeit“ mit auf den Weg. Heute beginnen in Potsdam die Tarifverhandlungen.

ritz

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