: Werbung für mehr Selbstdisziplin
Zukunftsrat: Hamburger sollen sich an Vorgaben der Agenda 21 halten ■ Von Gernot Knödler
Was ist die Agenda 21? „So was wie 'ne Farce“, sagt ein untersetzter Herr. „Kann die jeder haben?“, fragt naiv ein langhaariger Mann. „Bringt nicht viel“, seufzt ein anderer, es könne ja niemand gezwungen werden, sich daran zu halten. Drei Antworten aus einer Umfrage der katholischen Jugend Hamburg zu dem 1992 auf der Umweltkonferenz in Rio beschlossenen Programm für eine nachhaltige Entwicklung. Die Agenda 21, formulierten damals die 170 Teilnehmerstaaten, soll auch zukünftigen Generationen überall auf der Erde ein gelungenes Leben ermöglichen.
Drei Viertel aller Deutschen können mit dem Begriff „Agenda 21“ nichts anfangen. Damit sich das ändert, hat der Zukunftsrat Hamburg gestern eine Werbekampagne gestartet. Sie soll die HamburgerInnen motivieren, in ihrem Lebensumfeld dazu beizutragen, daß der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid verringert, die Armut gemildert, der Rohstoffverbrauch gedrosselt und die Ausbeutung von Kindern in der Dritten Welt beendet wird. Dem Zukunftsrat gehören 74 Organsationen und Unternehmen an, von der AG Demokratieforschung der Bundeswehruni über die AG der Hamburger Solarfachbetriebe und das „Eine Welt Netzwerk“ für Stadt-, Regional- und Landesplanung.
Darüber, daß menschliches Handeln längerfristig ausgerichtet werden muß, bestand gestern Konsens – zumindest auf Bekenntnisebene: „Wer wollte auch etwas gegen ein Leitbild sagen, das bedeutet, die Entwicklung zukunftsfähig zu machen“, sagte der Erste Bürgermeister Ortwin Runde. „Ich kann mir eine Zukunft in Hamburg gegen die Ökologie nicht vorstellen“, bekannte Jürgen Hogeforster. Der Geschäftsführer der Handwerkskammer brach eine Lanze für die Ökosteuer: Der Verbrauch von Umwelt und Energie müsse verteuert werden. „Es darf nicht sein, daß Verschwenden belohnt wird“, sagte Hogeforster.
Das Zeugnis über die Zukunftsfähigkeit, das der Zukunftsrat der Hansestadt ausgestellt hat, läßt zwar nicht unbedingt an der Versetzung Hamburgs zweifeln, Nachsitzen scheint jedoch angezeigt. Die Verschuldung der Stadt sei „belastend“, die Entwicklungshilfe „unfair“, die Jugendarbeitslosigkeit „schwer vermittelbar“, kritisierte das Gremium. Die Kinderarmut sei „alarmierend“, der CO2-Ausstoß „aufheizend“, die Flächen „versiegelt“, die Nutzung des HVV „beförderungsbedürftig“ und das Abfallaufkommen zwar sortiert, aber überhöht. Gute Noten gab's lediglich für die Wochenmärkte und Grünflächen.
Als Nachhilfe ist ein Paket von Veranstaltungen gedacht, mit dem die HamburgerInnen für Umsetzung der Agenda 21 auf lokaler Ebene gewonnen werden sollen. So wird der Zukunftsrat nach Angaben seiner Geschäftsführerin Gerlinde Geffers Workshops zu den Themen Verkehr und erneuerbare Energie anbieten sowie Zukunftsmeilen mit Informationsmöglichkeiten veranstalten.
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