Bundeswehr vor riskanter Mission

■ Die Luftangriffe gegen Jugoslawien, an denen sich 14 Tornados beteiligen, bedeuten für die Bundeswehr den ersten Kampfeinsatz

Die Bundeswehr steht vor ihrem ersten Kampfeinsatz überhaupt. Mit Luftangriffen der Nato auf Ziele in Jugoslawien wird das Risiko für deutsche Soldaten, bei Feuergefechten verletzt, gefangengenommen oder getötet zu werden, so hoch sein wie nie zuvor bei einem Auslandseinsatz der Bundeswehr. Das gilt vor allem für die Piloten der 14 Tornados der Bundesluftwaffe, die an den Kämpfen zunächst beteiligt sind. Acht Tornados sind dabei für die Luftverteidigung vorgesehen und sechs für die Aufklärung.

Die acht radargeschützten sogenannten ECR-Tornados – ECR steht für Electronic Combat Reconnaissance, also elektronische Kampfaufklärung – bilden dabei die Speerspitze für die Luftangriffe der Nato. Sie sind in Piacenza (Italien) zusammen mit den sechs Aufklärungstornados stationiert. Die ECR-Tornados werden von je zwei Mann geflogen und sind mit sogenannten HARM-Raketen (Highspeed Anti Radiation Missile) bestückt. Sie können sozusagen als Schutzschild vorausfliegen, gegnerische Radaranlagen anpeilen, deren Leitstrahl blitzschnell zurückverfolgen und die Anlage des Gegners zerstören. Ins italienische Piacenza sind außerdem 350 Mann abkommandiert, darunter Techniker, Nachschubexperten, Sanitäter und Küchenpersonal.

Für einen Kosovo-Einsatz wurden auch rund 800 Soldaten ausgebildet, die mit rund 30 schweren Kampfpanzern vom Typ „Leopard“ und etwa 20 Schützenpanzern „Marder“ eingreifen können. Für den Kosovo sind auch 260 Soldaten einer Panzerdivision vorgesehen, die bereits in Makedonien stationiert sind. 300 Gebirgsjäger sind ebenfalls für den Kosovo-Einsatz eingeplant. Auch sie sind bereits in Makedonien. Die Einheit ist für den Einsatz in extrem schwierigem Gelände und unter Winterbedingungen ausgebildet.

Im Ausbildungszentrum für Auslandseinsätze der Bundeswehr, dem unterfränkischen Hammelburg, wurden seit 1993 mehr als 30.000 Soldaten auf ihren Einsatz in Krisengebieten vorbereitet. Bis zu 600 Soldaten durchlaufen pro Woche ein Spezialtraining, wozu eine verstärkte Schießausbildung, das Erkennen von Minenfeldern und eine Schulung bei drohender Geiselnahme gehören.

Für den Einsatz in einer Nato- Friedenstruppe im Kosovo sind insgesamt bis zu 5.500 Bundeswehrsoldaten vorgesehen. Dies hat der Bundestag am 25. Februar beschlossen. Die in Makedonien stationierten Soldaten – derzeit sind es etwa 3.000 – sind für den Schutz der OSZE-Beobachter beziehungsweise für eine Friedenssicherungsmission und nicht für Kampfeinsätze vorgesehen. Die Kosten für den deutschen Kosovo-Einsatz belaufen sich auf etwa 600 Millionen Mark im Jahr.

Die Grundlage für den Kampfeinsatz hat der Deutsche Bundestag am 16. Oktober 1998 gelegt. Zur „Abwendung einer humanitären Katastrophe im Kosovo-Konflikt“ hat das Parlament einer Beteiligung bewaffneter Streitkräfte an begrenzten und in Phasen durchzuführenden Luftoperationen der Nato zugestimmt. Dadurch können Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr zur Bekämpfung gegnerischer Flugabwehrraketen eingesetzt werden.

Ein etwaiger Einsatz von Bodentruppen in der Krisenprovinz ist durch die Entscheidung nicht gedeckt und wird bislang auch von allen Parteien in Bonn abgelehnt. Jens König