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Keine Kiste gegen DFB

■ Trotz 0:3 feiern die nordirischen Fans. Aber nicht ihr Team, sondern Siege über die Katholiken

Belfast (taz) – Eigentlich möchte man jetzt lieber woanders sein. Der Windsor Park in Belfast, wo die nordirische Fußball-Nationalmannschaft ihre Heimspiele austrägt, ist kein gemütlicher Ort. Auf der Südtribüne sitzen die deutschen Fans mit ihrer Runen- Mentalität und dazu passenden Spruchbändern wie „AK 88 Erlangen“. 70 bis 100 vom harten Hooligan-Kern sollen es nach Auskunft der Polizei sein. Daneben, durch eine dichte Polizeikette getrennt, die nordirischen Fans mit ihren loyalistischen Gesängen.

Der Windsor Park ist vermutlich das einzige Stadion der Welt, wo sogar die heimischen Fans voneinander getrennt werden müssen – falls sich Katholiken überhaupt ins Stadion trauen. Es liegt nämlich im „Village“, einem protestantischen Ghetto, dessen schmale Gassen mit blutrünstigen, antikatholischen Wandgemälden verziert sind. Und die Gesänge im Stadion, die der ZDF-Reporter Béla Réthy am Sonnabend schwer beeindruckt als Anfeuerungsrufe bei aussichtslosem Spielstand interpretiert hat, feierten in Wirklichkeit blutrünstige Schlachten, in denen es Katholiken an den Kragen gegangen war. Wenn nicht „No Surrender“, der Schlachtruf der radikalen Protestanten, erschall, wurde „The Sash – Die Schärpe“, ein Kampflied, gesungen.

An den Kragen ging es den Katholiken auch schon manchmal im Windsor Park selbst. Der ist das Stadion des FC Linfield, der bis 1991 keine Katholiken aufgenommen hat. Dann zwang ihn die Fifa, dieses Verbot aufzuheben, aber welcher Katholik wollte schon einem Verein beitreten, in dessen Stadion er um seine Gesundheit fürchten muß. 1948 zerrten die Zuschauer den Stürmer des katholischen Clubs Belfast Celtic, Jimmie Jones, auf die Tribüne und zertrümmerten ihm das Bein. Und als die Amateure von Donegal Celtic 1989 beim FC Linfield antraten, wurde ein Spieler von den Zuschauern zusammengetreten, ein anderer von einer Apfelsinenkiste getroffen. Ralf Sotscheck

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