piwik no script img

Intendantenstelle ist schon wieder frei

■ Nach der überraschenden Absage des gerade erst zum Radio-Bremen-Chef gewählten Michael Schmid-Ospach muß sich der Rundfunkrat ganz schnell einen neuen Hoffnungsträger schnitzen

Nun hat die Geschichte doch Dürrenmatts schlimmstmögliche Wendung genommen. Nach der Absage des erst Mitte März zum neuen Radio-Bremen-Intendanten gewählten Michael Schmid-Ospach muß der Rundfunkrat bei der Suche nach einem neuen Chef für den kleinsten ARD-Sender wieder von vorne anfangen.

Nach Angaben der Rundfunkratsvorsitzenden Roswitha Erlenwein hat Schmid-Ospach seine Entscheidung mit gesundheitlichen Problemen begründet und ist dem Rat seiner Ärzte gefolgt. Sowohl Gremienvertreter von Radio Bremen als auch das Rathaus reagierten überrascht auf Schmid-Ospachs Verzicht: „Alle dachten, wenigstens dieses Problem ist endlich vom Hof“, so Senatssprecher Klaus Sondergeld.

Eine Findungskommission mit den Bremer Parteichefs von SPD und CDU, VertreterInnen des Senders und Rundfunkräten hatte Schmid-Ospach aus einem Pool von 36 Bewerbungen ausgewählt und dem Rundfunkrat am 17. März zur Wahl vorgeschlagen. Dem Vernehmen nach hatten sich einige Rundfunkräte über die mangelnde Wahlfreiheit beschwert und dann doch einhellig die Hand für Schmid-Ospach gehoben. Sprecher der Findungskommission verteidigten das Verfahren: „Wenn wir mehrere Vorschläge gemacht hätten, wären die unterlegenen Kandidaten jetzt verbrannt“, weist Erlenwein in einem Radio-Bremen-Interview die Kritik im nachhinein zurück. Die Amateurheadhunter wollten auf jeden Fall Vorgänge wie beim Berliner SFB vermeiden. Dort mußten die Kandidaten vor der Wahl Horst Schättles zum Intendanten einen regelrechten Spießrutenlauf durch die lästerfreundliche Medienszene über sich ergehen lassen.

Bis zur Absage Schmid-Ospachs ging das ganze Verfahren für Bremer Verhältnisse überraschend glatt über die Bühne. Für Nominierung und Wahl des stellvertretenden WDR-Fernsehdirektors und Kulturchefs Michael Schmid-Ospach zum Nachfolger des per Gesetzesänderung aus dem Amt gekickten Karl-Heinz Klostermeier ernteten die Beteiligten ein überwiegend positives Echo und setzten große Hoffnungen in den neuen Mann: „Er hat so viele Ideen, die Selbständigkeit Radio Bremens zu erhalten“, seufzt Roswitha Erlenwein. Zugleich weist sie Spekulationen über politische Differenzen zwischen Schmid-Ospach und dem Bremer Rathaus zurück: „Ich halte es für absolut unmöglich, daß das eine Rolle gespielt hat, denn er wußte vorher, was ihn hier erwartet.“

Jetzt müssen sich Erlenwein und Co. einen neuen Hoffnungsträger schnitzen. Für den 9. April hat die Rundfunkratsvorsitzende das Gremium zu einer nicht öffentlichen Sitzung einberufen. Dann werden die nicht in den Osterurlaub verreisten Radio-Bremen-KontrolleurInnen entscheiden müssen, ob sie wieder eine Findungskommission einsetzen oder doch noch im Bewerberpool der ersten Runde fündig werden. Insbesondere der USA-Korrespondent der ARD, Klaus Thebrath, hatte bei Mitgliedern der Findungskommission einen guten Eindruck hinterlassen.

Doch so oder so: Die Zeit drängt. Geht es nach dem novellierten Radio-Bremen-Gesetz, das die Rechte des Intendanten – wie in der ARD üblich – stärkt, steht der kleinste ARD-Sender ab Mai ohne Direktorium da. „Ich stelle mir vor, daß wir das im April schaffen“, gibt sich Erlenwein optimistisch. Und im Rathaus, wo man unter die Ära Klostermeier offenbar einen Schlußstrich ziehen will, drückt man ihr die Daumen. ck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen