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Vom Lachen und Lachenmachen im Medienzeitalter

■ Wenn ein Infosender mitten im Blockbuster- und Comedy-Overkill die Unterhaltungsbranche porträtiert, wird die Berichterstattung schnell abschätzig, aber lehrreich (ab So., 23.05 Uhr, BBC World)

„Make 'em laugh“, sagt Robin Williams im Vorspann. Und John Travolta sagt's auch: „Make 'em laugh.“ Wenn sich der britische Infosender BBC World der Unterhaltung widmet, geht's selbstredend nicht ums Lachen, sondern ums Lachenmachen. Ab Ostersonntag zeigt „The Entertainment Biz“ allen, denen der Blockbuster- und Comedy-Overkill vielleicht doch etwas zu selbstherrlich (oder öde) vorkommen sollte, sechsmal 50 Minuten lang, was die BBC unter Entertainment versteht und davon hält: die Oscar-Verleihung nämlich (4.4.), Stand-Up-Comedians (11.4.), Berühmtheit an sich (18.4.), Talkshows (25.4.), Vermarktung (2.5.), Late Night-Shows (9.5.) und – nicht viel.

Um flotte Präsentation bemüht, geht allerdings schon in der Auftaktfolge alles sehr schnell: Hier ein Satz von Dustin Hofmann („Es ist wie Krieg“), dort einer von Faye Dunaway („Ein ziemlich stressiger Abend“), dazwischen schaut die BBC-Kamera anderen Reporterteams bei der Berichterstattung über die Schulter, schon ist die Arbeitsthese fertig – und die jährliche Verleihung des Academy Award ein aufgeblasenes Medienereignis.

Ähnlich (vor-)eilig sind auch die anderen fünf Beiträge aus Reportagesequenzen, Hinter-den-Kulissen-Bildern und vielen, vielen Interviews zusammengeschnipselt und treten dabei, sobald sie zu sich selbst gekommen sind, immer ein wenig auf der Stelle: Ja, Hollywood feiert sich selbst, und auch das Fernsehen hat sich längst seine eigenen Rechtfertigungsmythen gebastelt. Doch wenn die US-Talkshowmacher in Folge 5 beispielsweise ihr „Wir leben in einem Medienzeitalter“ und „Talkshows sind die Gemeinschaft der 90er“ herunterbeten, weiß der BBC- Kommentar den Lippenbekenntnissen auch nur mit populärsoziologisch-abschätzigen Phrasen („rituelles Opfern“, „wahre Gefühle in einer Kolosseumsphantasie“ usw.) zu begegnen.

Lehrreich bleibt „The Entertainment Biz“ letztendlich natürlich trotzdem – und sei es nur, weil der hiesige Zuschauer u.a. entdecken darf, daß unser Pastor Fliege sein „Passen sie gut auf sich auf!“ offensichtlich (und ausgerechnet) von Jerry Springer, einem der skrupellosesten Hetztalk-Routiniers, ausgeborgt hat. Christoph Schultheis

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