: Ein Weg aus der Sackgasse
Die Regierungschefs von Großbritannien und Irland einigen sich auf ein Kompromißpapier. Damit soll das Nordirland-Friedensabkommen gerettet werden ■ Aus Dublin Ralf Sotschek
Diesmal glauben der britische Premierminister Tony Blair und sein irischer Amtskollege Bertie Ahern, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Nachdem sie 78 Stunden mit den nordirischen Parteien ergebnislos verhandelt hatten, veröffentlichten die Regierungschefs ein Papier, das einen „Pfad aus der Sackgasse“ bieten soll. „Es gibt nun eine Pause zur Besinnung“, sagte Tony Blair am Donnerstag nachmittag, am Ende von mehr als 30 Stunden ununterbrochener Gespräche, „und am Dienstag, dem 13. April, beginnt die letzte Runde der Verhandlungen, um das Abkommen endgültig unter Dach und Fach zu bringen.“
Der Vorschlag der beiden Regierungen sieht vor, daß in dieser „letzten Runde“ die Minister der nordirischen Regionalregierung nach den d'Hondt-Prinzipien nominiert werden, aber noch nicht die Geschäfte aufnehmen. Diese Prinzipien sind eine Formel, nach der die Parteien sich reihum auf der Basis ihrer Stimmenzahl die Ministerien aussuchen können.
Einen Monat später will die britische Regierung die Macht auf das Schattenkabinett übertragen. Gleichzeitig soll an diesem Tag ein „kollektiver Akt der Versöhnung“ stattfinden, an dem auf der Grünen Insel der Opfer des Nordirland- Konflikts gedacht werden soll. Entscheidender Punkt ist jedoch, daß die IRA und die loyalistischen Organisationen an dem Tag „einige Waffen auf freiwilliger Basis außer Betrieb“ setzen. Sobald die nordirische Regierung im Amt ist, sollen die gesamtirischen Institutionen, die britisch-irische Regierungskonferenz sowie der Rat der Inseln mit Vertretern beider Regierungen und der schottischen, walisischen und nordirischen Parlamente ihre Arbeit aufnehmen.
In Nordirland war man gestern nicht so sicher, ob jetzt die Probleme gelöst werden können. Der Protestantenpfarrer Ian Paisley, dessen Partei das Karfreitagsabkommen als Verrat abgestempelt und die Gespräche boykottiert hat, bezeichnete das Regierungspapier als „Aprilscherz“. Sein Parteikollege Nigel Dodds sagte, Unionistenchef David Trimble habe an allen Fronten nachgegeben.
Trimble selbst sieht sich als Sieger. „Ich begrüße insbesondere, daß die Erklärung die in dem Abkommen festgeschriebene Pflicht der Entwaffnung betont.“ Um der IRA und ihrem politischen Flügel Sinn Féin entgegenzukommen, heißt es in der Erklärung, Abrüstung sei keine Vorbedingung, aber Pflicht. Außerdem versprach Blair, weitere Truppen aus Nordirland abzuziehen, sobald die ersten Waffen ausgemustert seien. Sinn- Féin-Präsident Adams sagte, er sei enttäuscht, daß wieder die Frist für die Regierungsbildung verlängert worden sei. Kommentar Seite 12
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen