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Vorsicht: Nachrichten vom Krieg

■ Versorgt Rußland Jugoslawien mit Spionageerkenntnissen über Nato-Angriffe? Stürzt Montenegros Regierung? Zwang Milosevic den Albaner-Führer Rugova zum Gespräch? Propaganda, Spekulation und nicht überprüfbare Information ersetzen oft Tatsachen in diesem Krieg.

Die USA stellen zwölf zusätzliche F-117-Tarnkappenbomber für den Einsatz in Jugoslawien zur Verfügung. Außerdem soll der Jet, der vergangenen Woche in der Nähe Belgrads nach Nato-Angaben abgestürzt war, durch eine andere Maschine ersetzt werden, sagte ein Pentagon-Sprecher in Washington. Damit erhöht sich die Zahl der für die Luftangriffe bereitgestellten Tarnkappenbomber auf 24. Die Flugzeuge sollen am Wochenende in Europa eintreffen. Rußlands Außenminister Igor Iwanow hat gestern einen Bericht über die angebliche Weiterleitung russischer Spionageinformationen an die jugoslawische Luftabwehr als „absurd“ zurückgewiesen. Die Berichte seien „ein Versuch, die Mißerfolge zur rechtfertigen, die die Nato bei ihrer Operation hinnehmen muß“, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Itar-Tass. Die Moskauer Wirtschaftszeitung Kommersant hatte unter Berufung auf Informationen aus dem russischen Generalstab berichtet, die russische Aufklärung versorge Jugoslawiens Armee mit Informationen über Startzeit, Flugrouten, Zahl und Typen der Nato-Flugzeuge.

Nach einem Bericht der Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug ersuchte Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic gestern Rußland um Militärhilfe. Die Meldung erfolgte nach einem Treffen Milosevic' mit russischen und weißrussischen Abgeordneten in Belgrad.

Wie angekündigt hat Rußland gestern ein Aufklärungsschiff ins Mittelmeer entsandt. Die „Liman“ sei gegen 7.30 Uhr MESZ aus dem Schwarzmeerhafen Sewastopol ausgelaufen, hieß es. Sie soll das Geschehen in Jugoslawien vom Mittelmeer aus überwachen. Rußlands Verteidigungsminister Igor Sergejew hatte kürzlich erklärt, zu einem späteren Zeitpunkt könnten sechs weitere Schiffe ins Mittelmeer entsandt werden. Journalisten in der Hafenstadt auf der ukrainischen Halbinsel Krim sagten, sie hätten nichts gesehen, was darauf hinweise, daß die „Liman“ Waffen trage. Rußland hatte die Entsendung des Schiffes beschlossen, nachdem Ministerpräsident Jewgeni Primakow mit seiner Friedensinitiative gescheitert war.

Nach Erkenntnissen der britischen Regierung bereitet Milosevic derzeit den Sturz des Präsidenten der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro, Milo Djukanovic, vor. London lägen Beweise dafür vor, erklärte gestern der leitende Mitarbeiter im britischen Verteidigungsministerium, Edgar Buckley. Die Entwicklung werde aufmerksam verfolgt, und die Nato halte sich alle Optionen offen. In Nato-Kreisen in Brüssel hieß es, Milosevic könnte die gegenwärtige Krise dazu nutzen, eine fügsamere Regierung in Montenegro zu installieren. Buckley äußerte sich skeptisch zu der Frage, ob die Nato eine solche Entwicklung verhindern könne. Milo Djuakanovic steht in Opposition zu Milosevic. Er hat die Ausrufung des Kriegszustands abgelehnt und die Bürger Montenegros aufgefordert, die Generalmobilmachung zu ignorieren. dpa/afp/Reuters

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