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Zwei bis fünf Prozent Nullwachstum

■ Finanzsenator will mit Nullwachstum Finanzen sanieren / Ressorts blocken ab und fordern mehr / Bedingung für Sanierungserfolg soll erst Thema in den Koalitionsverhandlungen werden

Das Bundesland Bremen kann nach dem Auslaufen der zweiten Bonner Sanierungshilfe nur dann einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen, hat der zuständige Abteilungsleiter beim Finanzsenator, Uwe Färber, jüngst auf einer Fachtagung vorgetragen (vgl. taz 19.3.), wenn die konsumtiven Ausgaben bis zum Jahre 2005 nicht wachsen. Nullwachstum bei den Ausgaben, jährliches effektives Steuerwachstum von 2,4 Prozent, dann könnte es klappen. Finanz-Staatsrat Günter Dannemann hat dies der CDU-Fraktion intern vorgetragen, Abteilungsleiter Färber der SPD-Fraktion. Widerspruch gab es offenbar nicht. Aber an die große Glocke gehängt haben es die beiden Fraktionen jetzt im Wahlkampf auch nicht. Denn die Ressorts sind auf vieles eingestellt, nicht aber auf Nullwachstum.

Der Sprecher des Innenbehörde, Stephan Luft, verweigerte auf die Frage, von welchen Eckwerten sein Ressort für die nächsten Jahre ausgeht, schlicht die Auskunft. Die Sozialbehörde hatte im vergangenen Jahr mit dem Finanzsenator einen Streit um die Frage, wieviel Mehrkosten aus Sozialhilfe-Ansprüchen man einkalkulieren muß. Das Fachressort insistierte darauf, daß nach allen Erfahrungen fünf Prozent Steigerung im Jahr üblich sind. Der Finanzsenator pochte nicht auf Nullwachstum, sondern wollte nur zwei Prozent einrechnen. Damit würde der Eckwert des Ressorts nach internen Zahlen aus September 1998 allein bis zum Jahre 2002 um 100 Millionen Mark ansteigen.

Beim Wissenschaftsressort rechnete der Finanzsenator im vergangenen September noch mit einer Steigerung um 40 Millionen Mark bis 2002: Denn wenn jetzt neue Institute aus dem „Investitions-Sonderprogramm“ finanziert werden, müssen ja Folgekosten – Löhne für Wissenschaftler und Ausstattung – einkalkuliert werden. Am Ende der Wissenschafts-Investitionen werden die Folgekosten bei 100 Millionen jedes Jahr liegen.

Beim Bildungsetat wurde im September 1998 eine Steigerungsrate von Null angesetzt, aber das Ressort kam schon 1998 nicht mit dem Eckwert aus. Die Haushälter der Bildungssenatorin rechnen mit einer Steigerung von sechs bis sieben Milliarden Mark jedes Jahr. Und bei den Personalkosten, immerhin über 2,2 Milliarden Mark aus dem Etat, rechnete das Finanzressort noch im September 1998 mit einem Wachstum – das sollten immerhin 1,7 Prozent für das Jahr 2002 sein, also keine Spur von Nullwachstum. Im Jahre 1999 war „Nullwachstum“ angesetzt – aber die Tarifrunde hat durch diese Null längst einen Strich gemacht.

Fazit: Die Senatsressorts sind auf alles andere eingestellt als auf Nullwachstum. Schon die bescheidenen Wachstums-Eckwerte der mittelfristigen Finanzplanung aus dem September 1998 waren auf heftigen Protest gestoßen und daher schnell wieder beim Finanzsenator unter Verschluß genommen worden. Dennoch will der Finanzsenator die dramatische Schlußfolgerung seiner neuen Berechnungen nicht vor den Wahlen unnötig in die Diskussion bringen. Bisher gebe es nur den groben Finanzrahmen, der eine gute Botschaft enthalte: Die Sanierung ist möglich. Aber die bittere lautet: nur um den Preis des Nullwachstums. Bis zum Juni soll das Zahlenwerk präzisiert sein, kündigt Färber an. „Wir werden der neuen Regierung eine Eröffnungsbilanz vorlegen“, so der Abteilungsleiter Haushalt. „In den Koalitionsverhandlungen, mit wem auch immer, wird man darüber reden müssen.“ K.W.

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