: Konzern zahlt für Kahlschlag
■ Der britische Siebe/BTR-Konzern schließ sein Tochter-Werk Audco in Prisdorf. MitarbeiterInnen werden weiterqualifiziert
„Tochter schluckt Mutter!“ Dieser Slogan macht derzeit in Prisdorf bei Pinneberg die Runde. Denn das zum britischen Siebe/BTR-Konzern gehörende Audco-Werk soll zum Jahresende geschlossen werden. Während die Audco-Bosse noch mit dem Betriebsrat über Überstunden und Leiharbeiter verhandelt hatten, kam aus der Zentrale des britischen Global Players – Siebe/BTR beschäftigt weltweit um die 40.000 Angestellte – kurz vor Ostern die Hiobsbotschaft. Aufgrund der „dramatischen Marktveränderungen“, so Audco-Chef Theo Eckert, sei man gezwungen, die Produktion ausgerechnet bei der eigenen Tochter „Argus“ in Eltlingen bei Kaiserslautern und in den USA zu konzentrieren. Die Siebe/BTR-Gruppe produziert in der Hauptsache Armaturen für Pipelines in der Öl- und Gasindustrie.
Nach Demonstrationen und Warnstreiks um Ostern konnten die 120 MitarbeiterInnen bereits ein Teilzugeständnis erringen. Zwar dürfte die Schließung des Werkes durch Siebe/BRT nicht mehr zu verhindern sein, seit gestern laufen aber zwischen der IG Metall und den Audco-Bossen Verhandlungen über die Gründung einer konzernfinanzierten Qualifizierungsgesellschaft. „Wer Arbeitslosigkeit verursacht, soll diese auch bezahlen“, setzte sich Elmshorns IG Metall-Chef Uwe Zabel zusammen mit der Belegschaft ein. In 24 Monaten sollen die 120 Audco-MitarbeiterInnen bei vollem Lohn weiterqualifiziert und auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Sonst haben die meist über 40jährigen Beschäftigten kaum eine Chance, einen neuen Job zu finden.
Beide Seiten hatten in den vergangenen Tagen durch Säbelrasseln die Lage ausgelotet und am Wochenende bei informellen Gesprächen den Kompromiß besiegelt. So hatte die Unternehmensleitung noch vor Ostern sämtliche Schlösser für die Pforten austauschen lassen. „Die befürchteten offensichtlich eine Betriebsbesetzung“, glaubt der Betriebsratsvorsitzende Frank Beyer. Eine Blockade der Produktionsmittel wäre für die Anteilseigner von Audco schmerzlich gewesen, denn zur Zeit liegen in Prisdorf noch Aufträge im Wert von über 33 Millionen Mark vor.
Auch um das Aufstellen von 120 Kreuzen vor dem Werkstor, die den Arbeitsplatzverlust symbolisieren sollten, hatte es Streit gegeben. Trotz der „Bitteren Pille Kahlschlag“ ist die IG Metall nun mit dem Ergebnis zunächst zufrieden. „Die einmonatige Verhandlungsphase hat die Möglichkeit eröffnet“, so Zabel, „eine vernünftige, soziale Lösung zu finden.“
Magda Schneider
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