: Kein Geld für Kosovo-Flüchtlinge
■ Der Senat fordert, daß nur der Bund für Flüchtlinge zahlen soll. Renate Künast fordert Aufnahme von mindestens 1.000 Albanern
Der Senat hat gestern die Bundesregierung aufgefordert, die Kosten für die Unterbringung der in Deutschland aufgenommenen Kosovo-Flüchtlinge komplett zu übernehmen. Dadurch wäre es auch finanzschwachen Bundesländern möglich, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, sagte Sprecher Michael-Andreas Butz .
Berlin werde sich nicht damit abfinden, daß sich der Bund lediglich zur Hälfte und nur bis Jahresende an den finanziellen Aufwendungen beteiligen wolle. Es könne nicht Sache der Länder sein, für die Folgen „einer kriegerischen Auseinandersetzung auf dem Balkan“ aufzukommen, auf die sie keinen Einfluß hätten.
Nach Angaben von Butz belaufen sich die Ausgaben pro Flüchtling auf 1.300 Mark im Monat. Der Bund sei leidiglich bereit, 500 Mark zu zahlen. Die Hauptstadt nimmt im Rahmen des Verteilungsschlüssels insgesamt 220 Kosovo-Albaner auf.
Dagegen forderte die Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Renate Künast, die Landesregierung auf, weit mehr Flüchtlinge als bisher geplant aufzunehmen. Nach Darstellung von Künast könnte Berlin „ohne größere logistische Probleme“ 1.000 Flüchtlinge aufnehmen. Gerade die Bundeshauptstadt dürfe sich nicht auf einen bundeseinheitlichen Verteilerschlüssel „reduzieren“ und anfangen, „kleine Steinchen zu zählen“, sagte die Fraktionschefin.
Am Montag waren 97 Menschen in Berlin eingetroffen. Sie befinden sich inzwischen in einem Heim in der Gehrenseestraße inHohenschönhausen. Ihnen gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte der Sprecher der Sozialverwaltung, Christoph Abele. Nach einer ersten Befragung durch Ärzte hätten sich keine schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme ergeben. Eine spezielle psychologische Betreuung sei derzeit nicht notwendig, da zu der Gruppe keine Folteropfer gehörten. Inwieweit die Menschen traumatisiert seien und einer entsprechenden Behandlung bedürften, werde sich erst in den nächsten Tagen zeigen.
Aufgrund mehrerer Tbc-Fälle in Bayern war nach Angaben des Sprechers eine prophylaktische Röntgenuntersuchung geplant. Eine Kinderärztin habe sich der Jüngsten angenommen. Zwei Schwangere würden vom Sozialmedizinischen Dienst betreut. Weitere 70 Flüchtlinge wurden gestern abend erwartet.
Das Rote Kreuz hat inzwischen gebeten, von weiteren Sachspenden abzusehen und statt dessen Geld zu spenden. Das sei die schnellste Form der Hilfeleistung. ADN/dpa
Reportage Seite 7
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