■ H.G. Hollein: Flämisch
Die Frau, mit der ich lebe, ist kunstsinnig. Das heißt, sie reist entsprechend gern. Das bringt bisweilen den Aufenthalt in fremden Ländern mit sich. Als alte Mao-Leserin weiß die Gefährtin, daß die Voraussetzung für ein reibungsloses Vorankommen darin besteht, sich inmitten der eingeborenen Bevölkerung „wie ein Fisch im Wasser“ zu bewegen. Dazu braucht sie einen Pilotfisch. Und der bin ich. Unlängst ging's also ins Flandrische. Linda de Mol und Rudi Carell im Ohr wähnte ich mich phonetisch hinreichend gewappnet und gedachte, mit ein paar ins Deutsche eingestreuten gutturalen Kehllauten dem Flamen von gleich zu gleich begegnen zu können. Allein, dem war nicht so. Daß ein „Knoopunt“ ein Autobahnkreuz ist, ging mir – zum Zorn der Gefährtin – erst im nachhinein auf. Es trug auch nicht eben zur Entspannung bei, daß ich auf der Suche nach einem Zimmer die Gefährtin von vermeintlichen anrüchigen Angeboten wie „kamers te huur“ diskret fortzusteuern trachtete. Auch die Fortbewegung im urbanen Milieu unterlag gewissen Verzögerungen, da ich darauf bestand, an Hinweisschildern mit der Aufschrift „Brievenbus“ auf das Erscheinen öffentlicher Transportmittel zu warten. Erst durch teilnehmende Beobachtung erschloß sich, daß damit der neben den Schildern jeweils deutlich sichtbare Briefkasten gemeint war. Auf der Suche nach alternativen Fortbewegungsmitteln stieß ich auf etwas, das „Fiets“ heißt, in Form und Funktion aber unschwer als Fahrrad zu erkennen war und dessen motorisierte Steigerung konsequenterweise „Brommfiets“ lautet. Man lernt eben nie aus. So weiß ich jetzt – für alle Fälle –, daß ein Missionar ein „Zendeling“ und „Wommelgem“ keineswegs der Name eines behäbigen Katers, sondern ein Vorort von Gent ist. Bei Tisch wußte ich die Gefährtin immerhin mit einem akzentfreien „Eet smakelik“ zu versöhnen. Das klingt zwar nicht schön, meint aber trotzdem „Guten Appetit“.
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