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Schlappe Glieder...

■ ...und böse Wölfe: Über kuriose Kriminalität und administrative Gewalt

Als der 57 Jahre alte Alan N., Vertreter einer renommierten Großraumsekte in San Francisco, von seiner Potenz im Stich gelassen wurde, verließ er sich lieber auf den Fortschritt als auf den lieben Gott. Um seine Schniedelschwäche adäquat zu bekämpfen, ließ der evangelische Gottesmann den lieben Gott einen guten Mann sein und legte sein schlappes Gemächt in die begnadeten Hände von Chirurgen, die ihm für teures Geld ein elektronisches Implantat einbauten, das auf Knopfdruck seine fortpflanzungsfördernde Gliedversteifung herbeizuführen in der Lage war.

Doch die bis in alle Lebensbereiche vorgedrungene Elektrifizierung hatte so ihre Tücken. Als sich die 74jährige Nachbarin des Pastors ein elektronisches Gartentor zulegte, wurde der zivilisatorische Fortschritt in seinem Phall zum Fluch: Jedesmal wenn die Frau das Gartentor öffnete oder schloß, reagierte des Pastors Fortpflanzungsschlauch mit einer veritablen Erektion. Denn: „Pastor und Garagentor hatten die gleiche Wellenlänge“, schreibt Frank Rainer Schurich in „Mein Name ist Hase“, einem Kuriositätenlexikon der Kriminalgeschichte.

Der Fall aus dem Kapitel über die fatale, manchmal letale Wirkung von Aphrodisiaka zeigt in etwa die Bandbreite des Buches. Mit dem Kuriositätenlexikon ist Schurich, einem ehemaligen Kriminalistikprofessor an der Humboldt-Universität, ein ebenso geist- wie lehrreiches Buch gelungen, das spielerisch und unter etymologischen Erläuterungen gebräuchlicher Redewendungen die trüben Versuche der Herrschenden aufzeigt, mit aus heutiger Sicht ziemlich schräg anmutenden Sanktionssystemen die Grundlagen für das zivilisierte Zusammenleben festzulegen.

Von der germanischen Rechtsprechung über das mittelalterliche Gottesurteil, über die Hexenverfolgung bis hin zur Gründung der 1799 gegründeten Immediats- Criminalkommission am Preußischen Kammergericht – stets spiegelte die administrative Gewalt eine Gesinnung wider, die entweder so finster war wie Kriegsminister Scharpings Gesinnung oder so schwachsinnig, daß man nach diesem Buch selbst die zeitgenössische Rechtsprechung nur noch mit skeptischem Stirnrunzeln zu betrachten vermag. So war es im 14. Jahrhundert nicht weiter verwunderlich, daß man Hunde, Katzen, Käfer, Esel und auch schon mal Flöhe vor den Kadi zerrte. Schurich erzählt vom Prozeß gegen eine Sau, die im Jahr 1386 in der französischen Stadt Falaise in Kleider gesteckt und anschließend hingerichtet wurde, weil sie offenbar in kulinarischer Absicht einem Kind in die Wange und ins Bein gebissen hatte. Man tat kurzerhand dem Borstenvieh das gleiche an, bevor man es aufknüpfte.

Noch im Jahre 1685 wurde in Deutschland ein „delinquenter Wolf“, wie Schurich den einschlägig in Verruf geratenen (Rotkäppchen, Peter, die 7 Geißlein etc.) Übeltäter nennt. Peter Murakami

Frank Rainer Schurich: „Mein Name ist Hase“. Das Neue Berlin. 186 Seiten, 19,90 DM

Schwups, das war der Text des ehemaligen taz-Kollegen, der nach Fertigstelligung dieser Zeilen im taz-Universum verlustig gegangen ist. Der strukturelle Zwangsapparat taz sieht aber so etwas vor wie feste Formen, so daß an dieser Stelle noch Platz für Notizen blieb, der hiermit aber verbraucht ist. Nie wieder wird die taz so anarchistisch sein wie früher. Tja. [nee, nee, nicht der säzzer, ein akutredakteur]

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