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Nur langsame Lernfortschritte

■ Landesrechnungshof kritisiert Hamburger Behörden: Miese Zusammenarbeit, schleppende Modernisierung, zu teure Bauten

Wenn Rechnungshöfe ihre Jahresberichte abliefern, dann konnte sich die Presse anschließend gewöhnlich herzerfrischend über öffentliche Verschwendung und Schildbürgerstreiche auslassen. Der Hamburger Landesrechnungshof verweigert sich seit einigen Jahren konsequent diesem Spiel.

So auch in seinem Jahresbericht 1999, den die Hamburger Staatskassenkontrolleure gestern vorlegten: Bis auf ein überflüssiges Brückchen in Rothenburgsort und Ausgabenchaos bei einigen Projekten der Sozialbehörde fehlten die spektakulären Fälle. Ist der Rechnungshof etwa zahm geworden?

Mitnichten: Statt wie einst lediglich als mäkeliger Kassenwart herumzumosern, versteht sich der Rechnungshof heute als moderner Controller, der den rückständigen Behörden „Hilfe zur Selbsthilfe“ anbietet, wie es dessen frischgebackener Chef Rudolf Dieckmann gestern schmunzelnd verkündete: „Wir sehen ganz eindeutig Lernfortschritte.“ Auf dieses Lob darf sich die Stadt freilich nicht allzu viel einbilden: „Man muß auch sehen, von welch niedrigem Niveau die Verwaltung vor wenigen Jahren aus startete. Kostenrechnung und Controlling waren ja noch weitgehend Fremdworte.“

Moderne Finanzkontrolle, wie sie der Rechnungshof heute in ausgewählten Bereichen durchführt, ist weit wirksamer als die einstige Skandalchronik öffentlicher Verschwendung. Noch immer, so moniert der Rechnungshof, wird in Hamburg viel zu aufwendig gebaut. Eine mindestens 10prozentige Absenkung bei allen öffentlichen Bauinvestitionen sei überfällig – das allein würde 80 Millionen Mark pro Jahr sparen. Scharf auch die Kritik an der fehlenden Erfolgskontrolle bei Projekten und Programmen. Die Modernisierung der Verwaltung verlaufe viel zu schleppend: „Die Schlagzahl der Verwaltungsmodernisierung muß noch erheblich erhöht werden, um dem vom Senat selbst gesetzten Anspruch gerecht zu werden.“

Wie ein roter Faden zieht sich durch den 250seitigen Bericht des Rechnungshofes die Kritik an elementaren Managementfehlern im Staatsapparat: Zusammenarbeit, Vergleich von Zielen und Ergebnissen, konsequentes Finanzmanagement, klare Ergebnisorientierung, Transparenz für eine Kontrolle durchs Parlament – allüberall machten die Kontrolleure teilweise gravierende Mängel aus.

Anja Hajduk, finanzpolitische Sprecherin der GAL, zeigte sich denn auch entzückt: „Spannend“ sei die „sehr deutliche Nennung struktureller Probleme“. Der Bericht sei „eine wertvolle Hilfe für die Arbeit des Parlaments“. Vielleicht auch schon deshalb, weil der Rechnungshof mit einem Märchen gründlich aufräumte: Hamburg hat heute nur 2.700 StaatsdienerInnen weniger als 1980.

Der Hauptgrund: Anfang der 90er Jahre wurden fast 5.000 neue Stellen geschaffen, die erst jetzt allmählich abgebaut werden.

Florian Marten

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