: Zen auf der Lap-Steel-Gitarre
■ Der Bluesgitarrist Freddie Roulette spielt morgen im Moments
Freddie Roulette wirkt wie ein kleines, mit den Jahren weise gewordenes Schlitzohr. Es gehört ja auch eine gehörige Portion Eigensinn dazu, ausgerechnet solch ein „weißes“ Instrument wie die Lap-Steel-Gitarre, die man auf dem Schoß spielt und die vorher nur in der Country & Western Musik oder für das hawaiische AloAhee verwendet wurde, plötzlich als Bluesinstrument zu verwenden.
taz: Ihr Markenzeichen ist die Steel-Gitarre. Hatten Sie mit dem Instrument in der Bluesszene sofort Erfolg?
Freddie Roulette: Im Gegenteil. Zuerst habe ich viele Auftritte nicht bekommen, weil ich die Steel-Gitarre spiele. Viele Leute meinten, sie wäre kein Bluesinstrument. Ich mußte mich auf diesem verdammten Ding immer wieder neu beweisen.
Kommt daher auch diese große Vielfalt der Stile, die Sie beherrschen und in Ihrer Musik vermischen?
Es hat mich einfach immer gereizt, etwa eine komplizierte Jazzkomposition von Sonny Rollins auf die Steel-Gitarre zu übertragen. Aber ich spielte ja auch immer in den verschiedensten Bands: Jazz, Pop, Soul, Country & Western und Bluesmusik. Mit der Zeit mochten die verschiedenen Bandleader diese gewisse Farbschattierung, die ich mit meinem Instrument liefern konnte. Denn das Instrument und die Art wie ich es spiele, fallen auf. Ich kann mich damit nicht verstecken. Die achtsaitige Steel-Gitarre ist so verflucht ungewöhnlich, daß sie immer Interesse weckt. Sie ist ein dominierendes Instrument, aber eignet sich auch sehr gut zur Begleitung.
Einer Ihrer besten Schüler scheint David Lindley zu sein, nicht nur auf der Steel-Gitarre, bei den Polyrhythmen und verwegenen Stilmischungen, sondern auch mit seinem schrägen Humor. Auch Sie reißen gerne Witze auf der Gitarre.
Die Gitarre, auf der ich gerade spiele, habe ich von David, und wir haben schon zusammen im Filmore gespielt. Immer wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet, zeige ich meine komödiantische Seite in der Musik. Darum habe ich meiner Gitarre auch das Sprechen beigebracht und singe mit ihr zusammen. Dabei bin ich dann ein purer Unterhaltungskünstler. Ich habe mich selber nie als erstklassigen Musiker angesehen. Ich spiele nur gut genug, um nicht langweilig zu sein, und mache so wenig Fehler wie möglich. Ich spiele nie nochmal genau dasgleiche. Im Leben und in der Musik gibt es für mich diesen Spielraum der Perfektion. Du erreichst nie die Perfektion, du quetscht dich überall so durch.
Sie sind, wie etwa auch Herbie Hancock und John McLaughlin, zum Buddhismus konvertiert. Wie vertragen sich Blues und Buddha?
Ein Teil meiner Philosophie hat mit Tonvibrationen zu tun. Das aktive Heraufbeschwören dessen, was du dir wünscht. Wenn du wirklich etwas wünschst oder brauchst, funktioniert es. Du singst für das, was passieren soll. So sind für mich Musik und Geist eine Einheit.
Interview: Wilfried Hippen
Freddie Roulette tritt mit der Ellen McIlwaine Band am Dienstag um 20 Uhr im Moments auf.
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