: Äußerst schlechtes Image
■ Von putschistischen Ambitionen zur Hoffnungsträgerin der Kosovo-Albaner
Als Freiheitskämpfer sind die Mitglieder der UÇK niemals anerkannt worden. Dabei erfüllen sie alle Merkmale einer klassischen Befreiungsbewegung. Seit ihrer Gründung im Jahre 1993 kämpft die „Kosova-Befreiungsarmee“ gegen das Apartheidsystem, das der serbische Staat 1989 mit der Abschaffung des Autonomiestatuts im Kosovo etablierte. Was die UÇK auch tut, sie hat bis heute eine schlechte Presse. Nirgends wird sie als Befreiungsbewegung akzeptiert.
Trotz des brutalen Vorgehens der serbischen Soldateska wachsen der UÇK selbst heute kaum Sympathien zu. Sie wird mißtrauisch beäugt, allerlei dunkler Machenschaften verdächtigt, als Befreiungsbewegung nicht ernst genommen. Und es wird gewarnt vor ihrem angeblich totalitären Selbstverständnis.
Als die UÇK gegründet wurde, herrschte Krieg in Bosnien-Herzegowina. Sarajevo war fast von den gleichen serbischen Armeen belagert, die heute im Kosovo aktiv geworden sind. Einige Dutzend Kosovo-Albaner wollten die Stillhalte-Politik des 1992 im Untergrund gewählten Präsidenten des albanischen Schattenstaats, Ibrahim Rugova, nicht mehr hinnehmen. Es waren Vertreter von Splitterparteien, politisch Exilierte, albanische Nationalisten, die von einem großen Albanien träumen, Marxisten-Leninisten, ländlich konservative Vertreter von Traditionsfamilien wie Azem Jashari, die damals die UÇK gründeten, ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen. Die Klammer, die Kritik an Rugovas Pazifismus, reichte nicht aus, ein für alle schlüssiges, auf die Zukunft gerichtetes politisches Programm zu erstellen. Dennoch ist die UÇK trotz aller Schwächen derzeit die einzige ernsthafte Hoffnungsträgerin für viele Kosovo-Albaner, die den bewaffneten Kampf gegen die „serbischen Besatzer“ aufnehmen wollen und in die Organisation strömen. Der Charakter der UÇK, eine militärische Organisation mit politischen Ambitionen zu sein, ist dafür aber hinderlich.
Bekannt machte sich die UÇK durch Anschläge auf die serbische Staatsmacht. Und auf Albaner, die nach den Säuberungen des Staatsapparats seit 1990 noch in den serbischen Institutionen arbeiteten und als „Verräter“ gebranntmarkt wurden. Die Anschläge, bei denen 1996/97 über 20 dieser Kollaborateure getötet wurden, hatten zudem das Ziel, die kosovo-albanische Gesellschaft gegenüber den serbischen Institutionen abzuschotten. Mit der serbischen Reaktion, dem militärischen Aufmarsch im Frühjahr 1998 und den systematischen Vertreibungen der Bevölkerung in den Hochburgen der UÇK einige Monate später, wuchs der UÇK eine neue Funktion zu. Schon im Frühjahr 1998 versuchten viele junge Männer, in die UÇK aufgenommen zu werden. Nach den Angriffen der serbischen Sicherheitskräfte bildeten sich Verteidigungskomitees in den Dörfern. Die UÇK sah sich jedoch nicht in der Lage, diesen Volkswiderstand erfolgreich zu unterstützen oder gar zu bewaffnen. „Befreite“ Gebiete konnte die UÇK nicht verteidigen.
Aber nicht nur ihre militärische Unterlegenheit in bezug auf das Material ist der Grund für die Niederlagen im Spätsommer 1998 wie auch seit Ende März 1999. Die serbische Seite ist und war mit ihrer militärischen Taktik der verbrannten Erde erfolgreich, weil der Volkswiderstand ausblieb und die UÇK zudem das Gros ihrer Truppen nach Albanien zurückzog.
Bis heute gibt es die unterschiedlichsten Strömungen in der UÇK, bis heute überlagern persönliche Ambitionen die politische Debatte, bis heute wachen die alten Führungspersönlichkeiten über Macht und Einfluß. Die UÇK ist sowohl als politische wie auch als militärische Organisation von vielen Kosovo-Albanern und westlichen Diplomaten aufgefordert worden, endlich Reformen der Organisationsstrukturen einzuleiten. Die UÇK sollte sich demnach einer zivilen Führung unterordnen und ihre „putschistischen“ Ambitionen (Exilpremier Bujar Bukoshi) aufgeben. Solange dies nicht geschieht, wird sie ihr schlechtes Image beibehalten. Erich Rathfelder
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