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Außerhalb der Kompetenzen

■  Rechtsgutachten kritisiert geplante Asog-Änderung: Über Schleierfahndung und verdachtsunabhängige Personenkontrollen dürfe nur der Bund entscheiden

Die Abgeordneten, die am Donnerstag im Parlament der Verschärfung des Polizeigesetzes (Asog) zustimmen, wissen zumindest, was sie tun. Nach monatelangen Protesten und einer Kampagne gegen die Asog-Verschärfung flattert den ParlamentarierInnen nämlich in diesen Tagen noch einmal ein Rechtsgutachten ins Postfach. „Tiefgreifende rechtsstaatliche Bedenken“ meldet darin Martin Kutscha, Professor an der Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, an.

Nach Ansicht Kutschas, der seine rechtsgutachterliche Stellungnahme im Auftrag der Humanistischen Union verfaßt hat, geht das, was die Große Koalition plant, weit über die Kompetenzen des Landes hinaus. „Sowohl für das geplante 'Aufenthaltsverbot‘ (§ 29) als auch für die anlaßunabhängige Personenkontrolle (Schleierfahndung, § 18 Abs. 7) besteht keine Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin; zuständig ist für diese Regelungsmaterie allein der Bund“, heißt es in dem Gutachten.

Das geplante Aufenthaltsverbot an bestimmten öffentlichen Orten Berlins, so Kutschas Argumentation, sei ein Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit. Und die ist im Grundgesetz geregelt. Bei der von CDU und SPD vereinbarten verdachtsunabhängigen Personenkontrolle sieht Kutscha im Gegensatz zu den Regierungsparteien keine Maßnahme der Gefahrenabwehr, sondern ein Instrument der Strafverfolgung, da die Kontrollen gerade mit erhofften Festnahmen begründet würden. „Hierfür (die Strafverfolgung) hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht“, schreibt Kutscha.

Die Gesetze, die am Donnerstag auf der Tagesordnung stehen, überschreiten nach Ansicht des Juristen nicht nur die Gesetzgebungskompetenz des Landes, sondern widersprechen auch rechtsstaatlichen Prinzipien. So sind die verdachtsunabhängigen Kontrollen zwar dadurch eingeschränkt, daß sie nur „lagebedingt“ und unter Annahme von Straftaten von „erheblicher Bedeutung“ durchgeführt werden sollen. Doch dies hält Kutscha für Scheineinschränkungen. Die Voraussetzungen lägen in Berlin immer vor. „Wann und wo solche polizeilichen Eingriffe tatsächlich stattfinden, regelt die Bestimmung nicht selbst, sondern überläßt die Entscheidung der Polizeiführung, mithin der Exekutive.“ Hier greift Kutschas Kritik: Blankoermächtigungen dieser Sorte widersprechen dem Bestimmtheitsgebot für polizeiliche Maßnahmen, dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit.

Nach Kutschas Gutachten werden jedoch noch zwei weitere rechtsstaatliche Normen mit dem geplanten Gesetz außer Kraft gesetzt: Die jederzeit mögliche Kontrolle bedeute de facto, daß in Zukunft jeder künftig verdächtig werde, wenn er oder sie ohne Personalausweis unterwegs sei. „Nach § 1 Personalausweisgesetz ist niemand verpflichtet, den Ausweis ständig bei sich zu tragen“, so Kutscha. Auch werde damit die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung auf den Kopf gestellt. Da, wie Kutscha schreibt, „erwartungsgemäß“ nicht alle kontrolliert werden, sondern sich die Kontrollen auf „auffällige“ Personen richten werden, handelt sich die Berliner Große Koalition dann zu guter Letzt auch nocht eine gesetzlich begründete Diskriminierung ein. Barbara Junge

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