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Schönheitssucher und Schönheitskranke

■ In diese Woche widmet sich die Geo-Reportage der „Schönheit“

„Markt der Schönheit“, der erste Film der Arte/Geo-Kooperationen dieser Woche, handelt von dem Versuch der ehrgeizigen äthiopischen Model-Agentinnen Lina Kalifa und Natalina Pezzani, die Schönheiten des Landes in der Modewelt vermarkten zu wollen. Mit großer Erwartung fahren sie nach London, treffen Gary Lill von der Agentur Premier Models – ein professioneller Körpersucher, der offenbar genau weiß, was er will: „Der Typus 'kaffeebraune Mulattin‘ wird in Zukunft Erfolg haben. Exotische Gesichtszüge eben, nicht so klassisch-schwarz wie Naomi Campbell.“ Lina und Natalina besuchen tagelang die Dörfer ihrer Heimat. allerdings vergeblich: Afrikanische Gesichtstätowierungen, rituelle Zahnbrüche und Narben von der Feldarbeit lassen sich in Europa nicht besonders verkaufen.

Reporterin Juliana Ruhfuß muß sich arg gewundert haben, als die beiden Äthiopierinnen die Körpermaße ihrer Landsleute vermaßen und ihnen hernach zum Dank ein Polaroid-Foto schenkten: Statt auf die entlarvende Bildaussage zu vertrauen, übertextet sie die Aufnahmen mit erstaunt-empörten Kommentaren. Hier (wie auch in den anderen drei „360 Grad“-Reportagen) sollte man hin und wieder besser den Ton abstellen und die stummen Fotos der Schönheiten genießen.

Hoffentlich ohne Nebenwirkungen. Body Dysmorphic Disorder nämlich heißt das Psycholeiden, das übermorgen in „Die andere Seite der Schönheit“ von Chris Ledger vorgestellt wird: Immer häufiger sitzen in den Wartezimmern der Seelenärzte Männer und Frauen, die eigentlich ganz attraktiv aussehen, aber mit ihrem Aussehen nicht klarkommen.

Derart Schönheitskranke würde Tony Masons Aufklärungsfilm „Das Maß der Schönheit“ am Donnerstag vermutlich endgültig in den Wahnsinn treiben. Manson behauptet nämlich, Symmetrie sei tatsächlich ein Kriterium für Liebreiz, und Säuglinge könnten symmetrisch-schöne Gesichter sogar erkennen und ihr Wohlgefallen mit himmlischem Schweigen bekunden.

Der Filmemacher gibt keinerlei Entwarnung für darob frustrierte Eltern. Doch möglicherweise irrt sich ja das Baby ... Carsten Otte

Die „Schönheit“-Reportagen auf Arte: Mo. bis Do., 20.15 Uhr

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