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Trittin unter Luftschlägen und Pfeifkonzerten

■ Der Bundesumweltminister pflegt in Göttingen das grüne Einerseits und Andererseits

Hannover (taz) – Von Anspannung und auch von Trotz ist das Gesicht des Bundesumweltministers verzerrt, aus voller Kraft mit beinahe überschlagender Stimme brüllt er in das Mikrophon des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Mal die Faust geballt, mal den Zeigefinger gerade nach vorn gestreckt, begleitet Jürgen Trittin seine halbstündige Rede auf dem Göttinger Markplatz immer wieder geradezu mit Luftschlägen des rechten Armes.

Der Auftritt des Grünen-Politikers bei der Maikundgebung in seinem Göttinger Bundestagswahlkreis ist von Anfang an alles andere als ein Heimspiel. „Hau ab, Hau ab“ und „Kriegstreiber, Kriegstreiber“, schallt es dem Bundesumweltminister bereits entgegen, bevor er überhaupt das Wort ergriffen hat. Vor allem in der vorderen Hälfte der 1.000köpfigen Kundgebung sind mit Trillerpfeifen ausgestattete Gegner der Nato-Angriffe klar in der Mehrheit. „Seit wann ist Krieg humanitär?“, fragt da etwa ein Transparent des Göttinger Friedensbündnisses, das zunächst den Blick auf Trittin gänzlich versperrt. Drei Eier flogen in Richtung Rednertribüne, verfehlten aber in weitem Bogen ihr Ziel.

Doch man mußte schon ganz nah an einen der DGB-Lautsprecher herantreten, um bei dem permanenten ohrenbetäubenden Pfeifkonzertes die 1.-Mai-Rede überhaupt verfolgen zu können, in der der Bundesumweltminister in Göttingen ein wenig auf Distanz zu den Nato-Angriffen gegangen ist. Seiner Zustimmung zur Gewaltanwendung gegen Jugoslawien habe „eine Fehleinschätzung zugrunde gelegen“, gab Trittin eingangs zu. Wie andere sei er überzeugt gewesen, daß sich Miloevic schon vor tatsächlicher Anwendung von Gewalt aus dem Kosovo zurückziehen werde. Die Nato hat nach Ansicht des Bundesumweltministers in Jugoslawien „ihre Ziele nicht erreicht“. Das System Miloevic sei durch den Krieg nicht geschwächt worden. Inzwischen destabilisiere der Konflikt den gesamten Balkan. Trittin verlangte in Göttingen eine politische Lösung des Konflikt jenseits „der Logik von Sieg und Niederlage“ und warnte vor einer Eskalation durch den Einsatz von Nato-Bodentruppen. Er kritisierte die Nato-Angriffe auf zivile Ziele in Jugoslawien wie Brücken oder Kraftwerke und auch den Einsatz von Splitterbomben. Einen Stopp aller Angriffe verlangte der Bundesumweltminister nicht. „Es gibt keinen einfachen Ausweg aus dem Krieg“, sagte Trittin. Jürgen Voges

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