Slobodan Milosevic meldet sich zu Wort

■  Pläne zur Beendigung des Kosovo-Krieges haben derzeit Hochkonjunktur. Die meisten sind nur kurzlebig. Nun legt der jugoslawische Präsident einen eigenen vor. Doch für die Nato ist er nicht akzeptabel

Trotz der Freilassung der drei US-Soldaten blieb die Nato unnachgiebig. Ihr Sprecher Jamie Shea erklärte gestern, dies ändere nichts an der „Entschlossenheit“ der Allianz, die Angriffe fortzusetzen. Präsident Slobodan Miloevic habe weder seine Truppen abgezogen noch seine militärischen Operationen eingestellt und auch nicht die Aufstellung einer Friedenstruppe akzeptiert.

Die Bundesregierung hingegen gab sich vorsichtig optimistisch. Peter Wichert, Staatsskeretär im Verteidigungsministerium, äußerte die leise Hoffnung, daß im politischen Prozeß für eine Lösung des Kosovo-Konflikts Bewegung gekommen sei. Aus Äußerungen der serbischen Führung sei erstmals erkennbar, daß sie mit einer militärischen Präsenz im Kosovo einverstanden sei. Die Konditionen würden aber noch weit ab von dem Konzept der „Völkerrechtsgemeinschaft“ liegen.

Vermutlich bezog sich Wichert damit auf einen Sechspunkteplan zur Beendigung des Kosovo-Krieges, den Miloevic in einem Gespräch mit der Washington Times darlegte. Bestandteil des Plans sei die Stationierung einer leicht bewaffneten Friedenstruppe unter Leitung der UNO und der Beteiligung Rußlands im Kosovo, sagte Miloevic in dem am Samstag veröffentlichten Gespräch. Zudem müßten alle militärischen Aktionen in der serbischen Provinz gestoppt werden. Die im Kosovo stationierten 90.000 jugoslawischen Sicherheitskräfte würden dann abgezogen, wenn auch die Nato ihre Truppen aus den Nachbarländern abziehe.

Weiterer Bestandteil seines Planes sei die Rückkehr der Flüchtlinge in das Kosovo sowie Verhandlungen mit gemäßigten Führern der Kosovo-Albaner, sagte Miloevic. Der Präsident räumte ein, daß im Kosovo „schlimme Dinge“ geschehen seien. Diese seien aber von undisziplinierten paramilitärischen Truppen verübt worden.

Die Stationnierung einer bewaffneten Friedenstruppe zur Absicherung der Rückkehr der Flüchtlinge ist der zentrale Streitpunkt bei den verschiedenen Plänen, den Kosovo-Krieg zu beenden. Dabei geht es vor allem um die Rolle der Nato, über die Miloevic sich ausschweigt. Und eine leichte Bewaffnung, wie von Milosevic jetzt vorgeschlagen, wird für die Nato nach den Erfahrungen in Bosnien-Herzegowina nicht akzeptabel sein. Gleiches gilt für die Koppelung des Abzugs der jugoslawischen Streitkräfte aus dem Kosovo an einen Abzug der Nato-Truppen aus den Nachbarländern. Der Rückzug der jugoslawischen Verbände ist für die Allianz eine der Vorbedingungen.

Immerhin war dies der erste Vorschlag seit Beginn des Krieges, der von Miloevic selbst kam. Insofern hat er ein anderes Gewicht als etwa der einer Gruppe von US-Abgeordneten, die sich in Wien ohne Mandat ihrer Regierung mit Kollegen von der Duma trafen und ebenfalls einen Friedensplan vorlegten. Darin wird ein Ende der Nato-Angriffe gegen Restjugoslawien, der Abzug serbischer Truppen aus dem Kosovo und das Ende der militärischen Aktivitäten der UÇK gefordert. Um dies zu erreichen, soll die Zusammensetzung einer bewaffneten Friedenstruppe von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates nach Konsultationen mit Belgrad, den „anerkannten Vertretern des Kosovo“, sowie Makedonien und Albanien beschlossen werden.

Dieser Plan dürfte eine ähnlich schnelle Verfallszeit haben wie zahlreiche frühere Vorschläge. Doch trotz aller Unterschiede und zum Teil gravierender Mängel haben die diversen Pläne eins gemeinsam: es scheint inzwischen eher um das „wie“ als um das „ob“ zu gehen. AP/dpa/taz