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Leerer Bauch und volle Seele

■ Schlanksein für die Bewerbung: Beratungsstellen untersuchten die Verbindungen zwischen Arbeit und Sucht bei Frauen

„Ich fühle mich jetzt schon so leer im Bauch, der Kopf jedoch ist voll. Aufwachen. Was dann?“ Während einer Therapie hat eine magersüchtige Frau diese Sätze in ihr Tagebuch geschrieben. Um die Fragen „was dann?“ und „Warum?“ geht es auch in einer neuen Studie der Hamburger Beratungsstellen „Waage e.V.“ und „Frauenperspektiven“. Sie haben den Zusammenhang von Arbeit und Sucht bei Frauen untersucht.

Ob eine Frau eine bezahlte Arbeit hat oder nicht und wenn ja, welche Art von Arbeit das ist, beeinflusst den Verlauf ihrer Sucht entscheidend – stärker sogar als Gewalterfahrungen, haben die Beraterinnen anhand von rund 600 Therapieverläufen herausgefunden. Das beginnt bereits bei ganz jungen Mädchen, erläutert Frauke Schwarting von „Frauenperspektiven“: „Die machen die Erfahrung, daß sie selbst mit einem guten Abschluß keinen Ausbildungsplatz bekommen.“ Gleichzeitig sei die Bedeutung von Geld für Freizeitgestaltung und Status gestiegen. Besonders in Umbruchphasen des Lebens wie vor oder nach einem Schulabschluß intensiviere sich deshalb das Suchtverhalten der jungen Frauen.

Dabei geht es keinesfalls nur um halluzinogene Stoffe oder Alkohol. Die am weitesten verbreitete Sucht in Hamburg sind Eßstörungen. Rund 100.000 Frauen sind nach Schätzungen der Universität Göttingen betroffen. „Vielen Mädchen bleibt nur ihr Körper, um Anerkennung zu erfahren“, so Schwarting.

Dieser jugendliche „Ausweg“ korrespondiert mit den tatsächlichen Anforderungen der Arbeitswelt an Frauen, erläutert Karin Reupert von „Waage e.V.“: „Aussehen wird in Zeiten knapper Arbeitsplätze immer mehr zum Qualifizierungsmerkmal.“ Zum Teil sprächen Arbeitgeber offen aus, daß ihre Angestellte abnehmen solle. Vieles liefe aber subtil über Blicke und Anspielungen. Bei Frauen, weiß Reupert, führt das zu Überzeugungen wie „ich muß erst zehn Kilo abnehmen, bevor ich nach den Sternen greifen kann“.

„Die paar“ Anlaufstellen, die es gibt, könnten diese Probleme nicht lösen. Nicht zuletzt könne selbst ein qualifizierter Arbeitsplatz zur Sucht führen – zum Beispiel über Leistungsdruck. Das ist auch ein Thema für die Gewerkschaften, regt Schwarting an, denn „die Folgen der Arbeitsmarktpolitik sehen wir in den Beratungsstellen.“

Heike Dierbach

Die Beratungsstellen bieten ab heute und bis zum 12. Mai täglich von 18 bis 21 Uhr eine Hot-Line zum Thema an, 432 96 00.

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