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Lorenz: Polizeieinheit provozierte die Eskalation

■ SPD-Abgeordneter kritisiert Polizeiattacke am 1. Mai „ohne hinreichenden Anlaß“

Die schweren Ausschreitungen nach der 1.-Mai-Demonstration am Samstag sind durch das vorschnelle Eingreifen einer Polizeieinheit „provoziert“ worden. Das sagte gestern der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, gegenüber der taz. Eine Polizeieinheit, die die Demonstration auf dem Kottbusser Damm begleitete, sei nach einzelnen Flaschenwürfen „durchgedreht“ und „gleich reingegangen“. Der SPD-Politiker beruft sich auf Angaben zahlreicher Polizisten, mit denen er am Wochenende gesprochen habe.

Insgesamt sei danach der Polizeieinsatz sehr gut und deeskalierend vorbereitet gewesen, lobte Lorenz. So habe es die Anweisung gegeben, nicht sofort bei einzelnen Provokationen gegen die Demonstranten vorzugehen. Oberstes Ziel sei es gewesen, den Aufzug friedlich zu beenden, damit es „für Gewalttätige kein Dekkungsfeld durch den gesamten Demonstrationszug“ gebe. Das Eingreifen der Polizeieinheit „ohne hinreichenden Anlaß“, so der SPD-Politiker, habe dann aber das „Gesamtkonzept durcheinandergebracht“. Lorenz fordert nun, daß diese Einheit nicht mehr bei solchen Demonstrationen eingesetzt wird.

Lorenz beschwerte sich zudem über einen „unerträglichen Maulkorberlaß“, den Innensenator Werthebach (CDU) verhängt habe. Da Polizisten ohne Genehmigung nicht einmal mehr mit Abgeordneten reden dürfen, so Lorenz, seien vertrauliche Gespräche unmöglich. Der Sprecher des Innensenators wies die Vorwürfe zurück. Es gebe nur die schon seit Jahren bestehende Gesprächsbeschränkung, die für Mitarbeiter aller Verwaltungen gelte.

Die Polizei wollte die Darstellung von Lorenz nicht kommentieren, da die Auswertung des Gesamteinsatzes noch nicht beendet sei. Fest stehe bisher nur, daß es „massive Stein- und Flaschenwürfe“ von Demonstranten gegeben habe, so Polizeisprecher Volker Kipnick. Ob diese vor oder nach dem ersten Polizeieingriff erfolgten, konnte er nicht sagen.

Inzwischen hat sich die Zahl der Anzeigen gegen beteiligte Polizeibeamte auf fünf erhöht. Die Identität des Beamten, der von einem Kollegen wegen des harten Schlagstockeinsatzes gegen eine Demonstrantin angezeigt wurde, sei immer noch nicht ermittelt, so Kipnick. Eine weitere Anzeige sei von einem Bürger erstattet worden. Drei Ermittlungsverfahren beruhen auf Angaben betroffener Journalisten. Wie viele Beamte von den fünf Verfahren betroffen seien, war Kipnick unbekannt.

Eine Sprecherin des Ermittlungsausschusses (EA), der sich um Opfer von Polizeiübergriffen kümmert, sagte gestern, es seien am 1. Mai vor allem mehr Unbeteiligte als im Vorjahr verletzt worden. Auch habe sich die Zahl der Platzwunden durch Polizeischläge erhöht. Bisher seien dem EA 152 Festnahmen gemeldet worden. Gereon Asmuth

Der EA lädt Opfer von Polizeiübergiffen am Dienstag, 11. Mai, 20 Uhr, in die Schule für Erwachsenenbildung im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a, zum Treffen mit AnwältInnen

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