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„Hafen-City“ zugeschüttet

■ Bürgermeister Runde im Gespräch über die Nutzung seiner alten Hafenreviere – Hamburg macht alles anders / „Zukunftschancen hat nur, wer nicht schon tot ist“

Hamburg hat mit seiner Vision „Hafen-City“ Schlagzeilen gemacht. Gestern war Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde zum „Stadtentwicklungs-Gespräch“ mit Henning Scherf eingeladen. Bremens Architektenkammer spricht von „weitreichender Fehlplanung“, wenn in Bremen die Stadtentwicklung ganz ins Belieben von Investoren gestellt wird, und sieht wenig „Vision für das nächste Jahrtausend“, wie der Slogan zu den Stadt-entwicklungs-Gesprächen lautet.

Ortwin Runde war vorsichtig genug, sich über Bremer Interna nicht zu äußern, redete aber über Hamburg Klartext – und die Botschaft kam an. Bremen hat das Übersee-Hafenbecken zugeschüttet. „Wir werden doch kein altes Hafenbecken zuschütten“, sagte er, die seien doch der Reiz der geplanten neuen Hafen-City. Bremen will sich mit 200 Millionen Mark neu verschulden, um seinen Großmarkt umzusiedeln. Der Hamburger Großmarkt? Trägt sich selbst, erklärte Runde, eine Umsiedlung sei mal debattiert worden. Aber das rechnete sich kaufmännisch nicht.

Hamburg hat für das Stadtentwicklungs-Projekt „Hafen City“ keine Steuergelder übrig, sondern will die Kosten für die Infrastruktur aus den Grundstückserlösen finanzieren. Wenn man so hochwertig verkaufen will, erklärte Runde, dann muß man „Unverträglichkeiten ausschalten“. Pachtverträge für altansässige Betriebe werden seit Jahren nur erneuert, wenn die Betriebe „verträglich“ sind. Ziel sei es natürlich, die Betriebe „in der Stadt“ zu halten, eine pauschale Bestandsgarantie in der „Hafen-City“ gibt es nicht.

Die Entwicklung der Hafen-City wird Jahrzehnte ausfüllen, sagt Runde, und wer eine hochwertige Nutzung will, der muß bei einer Baisse auf dem Immobilienmarkt (wie derzeit) auch mal ein paar Jahre warten können. Und es ist ganz klar, daß „die Konkurrenz anderer Flächen in der Stadt reduziert“ werden müsse, soweit es geht, um den Immobilienmarkt für die Hafen-City nicht kaputt zu machen. Runde: „Wir sind doch nicht dämlich.“

Runde wollte damit keineswegs sagen, daß Bremen alles falsch mache, aber in Hamburg wird eben vieles anders gemacht. Aus Hamburg – der Stadtstaat zahlte 1998 über 600 Millionen in den Länderfinanzausgleich ein – sehe man durchaus kritisch auf das, „was ihr mit den Bundesergänzungs-Milliarden macht“. Runde zu Scherf: „Zukunftschancen hat nur derjenige, der nicht schon tot ist.“

Henning Scherf versicherte zwar wortreich: „Keiner soll denken, daß wir hier Ratschläge scheuen“, setzte sich aber mit keinem der vorgetragenen Ratschläge ernsthaft auseinander. Bremen verkauft Kajen-Flächen an Apfelsinensaft-Hersteller für 50 Mark pro Quadratmeter, aus solchen Erlösen läßt sich keine Infrastruktur finanzieren. In der mittelfristigen Finanzplanung hat Bremen allerdings auch kein Geld für die Infrastuktur eingeplant. Die SPD in Bremen habe sehr schlechte Erfahrungen mit Planungen gemacht, argumentierte Scherf gegen Runde und gleichzeitig gegen die Staatsrätin im Bremer Bauressort, Ursula Luther, die seit Monaten vergeblich ein Stadtentwicklungs-Konzept für die alten Hafenreviere einfordert. Entscheidend müsse sein, so Scherf, was Investoren wollten. Und in diesem Sinne hat er nichts gegen Wohnungen hinter dem Großmarkt: „Wenn einer da Wohnungen bauen will“, versicherte Scherf, dann würde er gern mit ihm reden. Aber wenn dort Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich geschaffen würden, dürfe Bremen „nicht wählerisch sein“.

Richtig böse wurde Scherf, als in den Hafengebieten ansässige Unternehmer wie Böhmers oder der Vertreter der Schopf-Grundstücksverwaltung erklärten, sie wollten ja investieren, dafür müßte aber klar sein, „was die Stadt da will“ und mit welcher Infrastruktur für die ehemaligen Hafen-Flächen gerechnet werden könne. „Wir sind doch das Bindeglied zu der alten City“, sagte der Schopf-Vertreter, „Planungssicherheit“ sei nicht gegeben, monierte Böhmers, das bremse interessierte Investoren. K.W.

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