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Clinton sucht Hilfe in Deutschland

Der US-Präsident läßt sich mit amerikanischen Soldaten fürs heimische Fernsehen ablichten. Aber er will auch die guten Beziehungen Bonns zu Moskau nutzen, um den Krieg zu beenden  ■   Aus Washington Peter Tautfest

Die Nato will ihre Luftangriffe gegen Jugoslawien „erbarmungslos intensivieren“, bis Präsident Slobodan Miloevic einlenkt und die Rückkehr der Kosovo-Flüchtlinge erlaubt. Das bekräftigte US-Präsident Bill Clinton gestern vor etwa 5.000 US-Soldaten und deren Angehörigen im US-Stützpunkt Spangdahlem in der Eifel. Spangdahlem ist die erste Station Clintons auf seinem zweitägigen Deutschlandbesuch. Anschließend flog er weiter zum US-Stützpunkt Ramstein. Es sind die hier stationierten amerikanischen Truppen, die Clinton nach Deutschland führen, sowie die Rolle Deutschlands als militärisches Nachschubgebiet der Nato im Krieg gegen Jugoslawien. Clinton inmitten amerikanischer Soldaten – das liefert eindrucksvolle Bilder fürs heimische Fernsehen, deren Wirkung allenfalls von denen eines Ausflugs in die Flüchtlingslager Makedoniens und Albaniens überboten werden könnte.

Ginge es nur um Bilder, könnte Clinton auch nach Italien fahren, wo er dem Kriegsgeschehen näher wäre und wo er sich vor der Silhouette aufsteigender Jagdbomber am Abendhimmel fotografieren lassen könnte. Clinton kommt natürlich auch aus politischen Gründen nach Deutschland, denn die USA haben sich zwischen den Positionen der Kontinentaleuropäer und Großbritanniens gründlich isoliert – zwischen Tony Blair, der eher mehr, und den Festlandeuropäern, die eher weniger Krieg wollen. Inzwischen hat auch der US-Senat signalisiert, daß eine Eskalation des Kriegs in Amerika politisch kaum durchsetzbar ist, selbst wenn gute Argumente dafür sprechen und eine Mehrheit der Bevölkerung einen ausgedehnten Krieg sogar zu tragen bereit wäre. Clinton ist in der Klemme und braucht Hilfe, die sucht er in Deutschland.

Clinton kommt auch, um die Nachkriegsordnung auf dem Balkan zu diskutieren. Der Ausgang des ganzen Unternehmens ist bereits abzusehen, selbst wenn er noch Monate auf sich warten lassen sollte. Was sich auch immer am Himmel über Serbien in den nächsten Wochen und Monaten tut, am Ende wird es eine Lösung geben, deren Konturen nicht schwer zu skizzieren sind: Jugoslawien wird seine Truppen aus Kosovo dem zurückziehen – mehr oder weniger. Eine internationale Truppe, deren Zusammensetzung mehr oder weniger Nato-lastig und deren Bewaffnung mehr oder weniger schwer sein wird, wird über die Rückführung einer größeren oder kleineren Zahl von Flüchtlingen wachen. Ein großer Teil dieser Flüchtlinge wird ohnehin lieber nach Deutschland oder Amerika statt ins zerstörte Kosovo zurückwollen. Alle Erfahrungen mit Flüchtlingen in diesem Jahrhundert lehren, daß sie zu Zigmillionen auf die Flucht gehen und allenfalls zu Tausenden zurückkehren. Je schneller das Mehr oder Weniger dieser Lösung ausgehandelt wird, desto besser für alle Beteiligten.

Und da Clinton sich aufs Bombardieren festgelegt hat, wird jemand anderes die Führung beim Einfädeln einer so gearteten Friedensregelung übernehmen müssen. Clinton hat durch das Zusammenhalten der Koalition beim Nato-Gipfel sein Äußerstes gegeben. Schon jetzt ist es interessanter, was Tschernomyrdin macht und mit wem er spricht, als das,was Clinton sagt odert tut. Auf dem europäischen Kontinent aber hat kein Land und keine Macht ein derartiges Interesse an guten Beziehungen zu Rußland und auch kein Land solche Erfahrungen im Umgang mit Rußland wie Deutschland. So wird Clinton Schröder bitten, den Auftrag zu übernehmen, den Krieg im Gespräch mit Rußland zu einem guten Ende zu führen.

Die Gespräche Clintons mit Schröder werden dabei nicht nur Auswirkungen auf die Gestalt des Balkan nach dessen ethnischem Krieg haben, sondern auch auf die neue Weltordnung nach dem Kalten Krieg. Die Zeit der unipolaren Welt dürfte mit dem fehlgeschlagenen Kosovo-Abenteuer zu Ende gehen. Die USA werden sich das Ordnen der Welt mit einem Europa teilen müssen, in dem Deutschland wegen seines besonderen Verhältnisses zu Rußland eine führende Rolle spielen wird. Dieser Bedeutung Deutschlands trägt Bill Clinton mit seinem Besuch in Deutschland schon heute Rechnung.

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