piwik no script img

■ H.G. HolleinForstenfürst

Die Frau, mit der ich lebe, legt mir ab und an ein Buch aufs Kopfkissen. Ich nehme das immer dankbar hin. Die letzte solcher Trouvaillen heißt „Bismarck und die Natur“. Sie wiegt 398 Gramm, hat einen „Nettowarenwert für Zoll“ von „DM 23,18“ und ist, von Rolf Henning verfaßt, im Nimrod Verlag erschienen. Das Werk kommt, laut Begleitschreiben, „für die Bismarck-Literatur einer Sensation gleich“. Das mag daran liegen, daß es „bisher kaum beachtete, sehr sympathische Seiten des großen Staatsmannes beleuchtet“. Etwa den Einfluß seiner gutsherrlichen Erfahrungen auf die Innen- und Sozialpolitik. „Fleißigen, treuen und zuverläsigen Mitarbeitern“ gönnte der Fürst nun mal „auch gern eine Extrafreude.“ Den hohen Grad so erworbener Sympathie geringachtend „ritt er oft allein in den Wald, allerdings meist in Begleitung seiner großen Doggen und wohl auch unter Mitführung eines Revolvers“. Verdienstvoll ist das Buch darüber hinaus in der Wiederentdeckung eines „der bedeutendsten deutschen Zeichner des späten 19. Jahrhunderts“. C.W. Allers kunstgeschichtlicher Rang wird durch die Wiedergabe von Werken wie „Der Fürst geht aus“ oder „Der Hut- und Stockständer des Fürsten“ eindrucksvoll rehabilitiert. Und wir erfahren, daß der „Alte von Aumühle“ erst spät dem Sachsenwalde die gewünschte Aufmerksamkeit schenken konnte. Denn: „Zu groß war die Beanspruchung durch den Aufbau des neuen Deutschen Reiches.“ In seinen alten Tagen fand der Fürst dann aber doch hinreichend Zeit, mit seinem Jagdpächter, dem Obersten a.D. von Goldammer, so manchen Humpen – „gefüllt mit einer Mischung aus Schaumwein und Riesling“ – zu stürzen. Getreu dem Motto: „Ich pfeif auf alle Herrlichkeit, wenn der Hirsch im Walde schreit!“ Ich schulde der Gefährtin für ihre kleine Gabe in der Tat tiefen Dank. Wie leer wäre schließlich ein Leben ohne Einsichten wie diese: „Die Fichte war des Fürsten forstlicher Lieblingsbaum.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen