Audienz beim Indianer

■ Unser nach einer Fastenkur rundumerneuerter Urdrü deutete im GaDeWe dezent seine Bedenken gegen diesen Krieg an

Nun wird er also von uns gehn, Ralf Fücks, der heimliche Leithammel der Bremer Grünen. Noch wissen wir nicht, ob er aufgegessen wird von den genmutierten Nachkommen jener Sonnenblume, die heimlich in den 80er Jahren aus einem Wahlplakat flüchten konnte, oder ob ihn ein lachendes „Ü“ zutode verspottet. Vielleicht muß er auch nur als Kollateralschaden einer jener Bomben abgebucht werden, die vom Verband der Nichtraucher in Übereinstimmung mit dem neuen UN-Recht auf alle Tabakläden dieser Welt gelenkt werden – zwecks Verstoß gegen die Menschenrechte. Fücks Todesart ist noch unbekannt, die Ursache ist es nicht. An einem schönen Ostertag anno 1999 p.c. – „Vom Eise befreit sind Strom und Wälder von des Frühlings holden beseligenden Blick...“ (Faust) – in dem noch schöneren Ort Witzenhausen fiel der holde Blick des Unholds Ulrich Reinekings alias Urdrü (Persönlichkeitsmerkmal: zwei Biere) in den schon halb entseelten Blick eines Chayenne-Indianers (Persönlichkeitskennzeichen: acht Biere). Prompt wurde ein interkulturellen Austausch nach den Richtlinien der Genfer Konvention vorgenommen. Der Indianer durfte Urdrü ein Tänzchen vorführen. Als Gegenleistung erbat sich Urdrü einen Voodoozauber gegen Amerika. Dieser erfüllte sich noch am selbigen Abend in Form der Verhaftung von drei amerikanischen Soldaten im Kosovo. Entzückt schickte Urdrüs einen zweiten Zauber hinterdrein. Der galt Ralf Fücks. Angesichts solch frevelhaften Treibens liegt wohl gar manchem Menschenfreund das Wort „himbeerverlauster Klodeckelveitstanz“ auf der Zunge. Aber Vorsicht; letale Vorkehrungen gegen feindlich gesonnene Machtwesen müssen seit neuestem als „humanitärer Einsatz“ bezeichnet werden. Oder als „friedenserzwingende Maßnahme der Völkergemeinschaft“. Doch erfüllen zwölf Subjekte (ein Mensch, ein Indianer und zehn Biere) schon den Tatverdachtsbestand einer Völkergemeinschaft? Wohl nicht. Deshalb ist der Beistand der multikulturelle Sippschaft in der Wallensischen „Galerie des Westens“ (GaDeWe) so wichtig für die Legalisierung von Urdrüs Witzenhausener „Einsatz“. So äußerte sich also Urdrü vor schwangeren, negerküssevertilgenden Frauen, österreichischen Wrestlingkünstlern, grungebärtigen Kids, die ihren Freundinnen am T-Shirt rumnesteln, silberhaarigen Lebenskünstlern, aber auch vor einigen wenigen Normalbürgern zu zwei wichtigen Aspekten des Zeitgeschehens: Erstens dem Frühling, zweitens dem Kosovo. Dabei wurden Aspekte beleuchtet, die in der herrschenden Frühlings- und Kriegsberichterstattung seit langem unterdrückt werden. Erstens: Der Frühling treibt in den Parks nicht nur Schneeglöckchen hervor, sondern auch den Horror dixielandspielender Zahnärzte. Zweitens: Die allseitige Betroffenheit in Kriegszeiten führt zu volkswirtschaftlichen Einbußen, die durch neue Formen von Versicherungspolicen abgesichert werden sollten. Drittens: Der Krieg ist die letzte Chance Susan Stahnkes auf eine Hollywoodkarriere, nämlich im Fronttheatereinsatz. Viertens: Der Einsatz im Ausland erfordert von den Soldaten neue Onanietechniken. Um letztere Problematik sinnlich bewußt zu machen, kam es im GaDeWe zu einer Kollektivonanie, die allerdings allen Auflagen des Jugendschutzes Genüge leistete. Humanitär schon sehr viel bedenklicher waren aber anfallsartige Vorkommnisse von Gruppengesang (bevorzugt: FDJ- und Marlene Dietrich-Lieder). Unendliches muß die Waller Nachbarschaft in diesen Momenten deutscher Ausgelassenheit gelitten haben. Denn das Gröhlpotential im GaDeWe ist beträchtlich und dem der benachbarten Fußballkneipe „Kairo“ elfmeterweit überlegen. Auch an Tagen von Bundesligaspielen. Auch an Tagen, wo Werder mal nicht mit 1:2 versagt, also an Tagen, die nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung gar nicht vorkommen können.

Natürlich erfuhr der treue Urdrü-Fanclub auch alles über Urdrüs Fastenkur und die Konsistenz der „Schwebestoffe“ in einer klarer Fastenbrühe. Da dieser Text aber mit Ralf Fücks begann, sollte er mit Josef Fischer enden. Den bezeichnete Urdrü als „Sales manager“, der auch mal „spendet für die taz, damit die weiter so nett über ihn schreibt.“ Das ist doch die Höhe. Da beleidigt ein deutscher Arbeitnehmer seinen deutschen Arbeitgeber – trotz Standort Deutschland und Shareholder Value. Noch gestern hat die taz um eine Audienz beim Witzenhausener Chayenneindianer gebeten. bk