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■ Boris Jelzins Stuhl wackelt kaum
Gestern nahm das russische Parlament, die Duma, die Debatte über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Boris Jelzin auf. Die parlamentarische Opposition wirft dem Kremlchef vor, in fünf Punkten die russische Verfassung verletzt oder nationale Interessen verraten zu haben: Dazu zählen die Auflösung der UdSSR, die Schwächung der russischen Armee, das gewaltsame Vorgehen gegen das Parlament, den Obersten Sowjet, im Herbst 1993 und der Krieg in der abtrünnigen Kaukasusrepublik Tschetschenien.
Und schließlich legt die kommunistische Opposition Jelzin noch zur Last, mit den marktwirtschaftlichen Reformbemühungen der frühen Wendezeit einen „Genozid“ am russischen Volk begangen zu haben.
Der einzige Anklagepunkt, der Aussicht hat, die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Parlament zu erhalten, ist der Vorwurf, in Tschetschenien einen verbrecherischen Krieg entfacht zu haben. Dem könnte auch die reformorientierte Partei Jabloko zustimmen.
300 der insgesamt 450 Abgeordneten müssen sich dafür aussprechen, um das Impeachment-Verfahren in die nächste Runde zu bringen. Nach vorläufigen Schätzungen könnten zwischen 297 und 305 Deputierte dem Antrag beipflichten. Doch damit wäre Boris Jelzin noch nicht aus dem Kreml verdrängt. Die Anklage überprüft danach das Oberste Gericht, ob tatsächlich kriminelle Verstöße im verfassungsrechtlichen Sinne vorliegen. Danach kontrolliert das Verfassungsgericht, ob die prozeduralen Vorgaben eingehalten wurden.
Hat die Anklage alle Instanzen ohne Beanstandung passiert, nimmt sich das Oberhaus des Parlaments, der Föderationsrat, der Sache an. Er muß innerhalb von neunzig Tagen mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigen. Dann wäre die Ära Boris Jelzin endgültig Geschichte. Indes: Damit ist nicht zu rechnen. khd
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