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Urlaub auf der Reeperbahn

Seit zehn Jahren führt „Stattreisen Hamburg“ HanseatInnen und solche, die es werden wollen, durch die Stadt an der Elbe  ■ Von Christiane Tursi

Es gibt anderes als Mallorca oder Sylt. „Wenn man ein paar Tage Zeit hat, muß man nicht gleich wegfahren“, ist Simone Lipski überzeugt. Schließlich bietet auch die eigene Stadt genug Pfade und Seitenstraßen für Entdeckungstouren. Lipski organisiert Rundgänge und Radtouren für „Stattreisen“ – meist auf den Spuren der Hamburger Geschichte. An diesem Wochenende wird der im Schanzenviertel ansässige Verein zehn Jahre alt.

Unter den mittlerweile über 40 Rundgängen zu verschiedenen Themen ziehen die Klassiker „Von Kaufmannstolz und Katastrophen“, eine Tour quer durch die Innenstadt, und „Kaschemmen, Neonlicht und Katholiken“, ein Streifzug durch St. Pauli, jeden Samstag Neugierige an. Andere Führungen erzählen von „Jüdischem Leben im Grindelviertel“ oder widmen sich Stätten schwuler und lesbischer Kultur.

Die Angebote machen auf politische und soziale Aspekte der „Sehenswürdigkeiten“ aufmerksam, die sonst weitgehend unbeachtet bleiben. So wird die Reeperbahn nicht nur als Verngügungsmeile präsentiert, sondern auch als Wohnort. Politische Kontroversen der Stadtentwicklung, wie die um den Aufbau der „Hafencity“, liefern Stoff für neue Touren.

„Wir gehen mit der Stadt sicher kritischer ins Gericht als die üblichen touristischen Führungen. Aber wir zeigen auch gern schöne Ecken und wollen durchaus Spaß an Hamburg vermitteln“, meint Simone Lipski und freut sich, daß Stattreisen den rein „alternativen Touch“ der Anfangsjahre losgeworden ist. „Das riecht immer so nach gestrickten Socken und Problembeladenheit.“

Stattreisen erreicht mittlerweile ein erstaunlich breites Publikum. Da sind die HamburgerInnen, die Besuch bekommen und froh sind, ihren Lieben eine interessante Unternehmung bieten zu können; neben Touristengruppen und Schulklassen greifen aber auch Firmen auf das Angebot zurück, die ihre Betriebsausflüge mit etwas Kultur würzen möchten.

„Es ist mittlerweile „in“, die Stadt zu Fuß zu erkunden, überhaupt ist urbanes Leben wieder attraktiv geworden“, erklärt Simone Lipski. Die kopierten Programm-Handzettel hat Stattreisen längst gegen ein ansprechendes Faltblatt mit 20.000er Auflage eingetauscht. Ein Festangestellter, zwei Honorarstellen und 10 freie MitarbeiterInnen finanziert der Verein aus eigener Kraft. „Das hat aber auch Jahre gedauert“, so Lipski.

Trotz aller Professionalisierung – nur im Büro sitzen will bei Stattreisen niemand; alle MitarbeiterInnen bieten selbst Führungen an. In diesem Stil wird auch der 10. Geburtstag morgen gefeiert: Mit einer kostenlosen Radrundfahrt durch den Hafen. Er bildet gleichzeitig den Start einer Jubiläumswoche, in der alle Rundgänge nur fünf Mark kosten. Los geht es um 14 Uhr vor dem Haupteingang des Alten Elbtunnels an den Landungsbrücken.

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