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Akademische Hungerleider sind im Streik

■  Am Otto-Suhr-Institut der FU sind die Lehrbeauftragten in den Ausstand getreten, weil sie nicht länger umsonst arbeiten wollen. Doch manche Professoren wollen auf die Aushilfsdozenten lieber verzichten, als sie zu bezahlen

Die Lehrbeauftragten proben den Aufstand. Bei den Politologen der Freien Universität (FU) ist ein Drittel dieser Aushilfsdozenten in den Streik getreten. Sie verlangen nicht mehr als ein bescheidenes Honorar für ihre Arbeit, so die Lehrbeauftragte Silvia Lange. Denn bisher erhalten 80 Prozent ihrer Kollegen am Otto-Suhr-Institut (OSI) für ihre Bemühungen keinen Pfennig. Meist sind sie dazu nur bereit, weil sie für die erhoffte akademische Karriere Lehrerfahrung nachweisen müssen.

An den Berliner Hochschulen gibt es mehrere tausend Lehrbeauftragte, insgesamt steuern sie ein knappes Fünftel des Lehrangebots bei. Jeder siebte von ihnen wird für diese Dienste nicht bezahlt. Die übrigen, allesamt hochqualifizierte Wissenschaftler oder Praktiker, erhalten höchstens 110 Mark pro Doppelstunde – also für rund acht Stunden Arbeit einschließlich Vor- und Nachbereitung, Korrekturen und Anfahrt. Ursprünglich waren diese Honorare als kleine Anerkennung für Berufstätige mit festem Gehalt gedacht, die den Studierenden die Praxis näherbringen sollten.

Inzwischen füllen die Lehrbeauftragten aber längst die Lücken, die der Personalabbau an den Hochschulen reißt. „Weil Stellen für hauptberufliches Lehrpersonal aus Gründen der Finanzsituation nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen“, so die Wissenschaftsverwaltung, würden so viele Lehrbeauftragte eingesetzt, daß die „Kontinuität der Lehre“ gefährdet sei. An der FU, die von den Kürzungen besonders betroffen ist, tragen Lehrbeauftragte schon mehr als ein Fünftel der gesamten Lehre. Das OSI zählt mit einem Anteil von rund 40 Prozent zu den Spitzenreitern.

Geld ist für diese vergleichsweise billigen Lehrkräfte aber ebensowenig vorhanden wie für studentische Tutoren – schließlich müssen zunächst die beamteten Professoren bezahlt werden. „Wir brauchen diese Lehraufträge aber, um das Lehrprogramm überhaupt abdecken zu können“, sagt Peter Grottian. Der Teilzeitprofessor plädiert für Umverteilung: Aus dem Teil des Gehalts, auf das er und sein Kollege Bodo Zeuner verzichtet haben, können nach seiner Rechnung rund 50 der 77 unbezahlten Lehrbeauftragten am OSI ein Honorar erhalten. „Als Übergangslösung“ würde das auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) akzeptieren, die den Streik unterstützt.

Außerdem verlangen die Streikenden die Einsetzung einer Kommission, die nach einer langfristigen Lösung suchen soll. Doch die Perspektiven dafür stehen schlecht. „Lehrbeauftragte über die Praxis-Komponente hinaus“ würden von den meisten Kollegen als „Problem“ angesehen, weiß der Dekan des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften, Axel Zerdick. Auch Prodekan Ralf Rytlewski glaubt, man müsse „die Lehrbeauftragung insgesamt ein bißchen zurückfahren“. Beide deuten an, daß statt der Lehrbeauftragten notfalls auch ein schärferer Numerus clausus die Studienbedingungen sichern könne.

Auch die Lehrbeauftragte Lange weiß, daß der Streik „nach hinten losgehen“ kann. Sie appelliert deshalb an die Studenten, „sich für den Erhalt des breiten Lehrangebots einzusetzen“. Ralph Bollmann

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