: Trude ist aus dem Gröbsten raus
Strom unterquert. Elbhang-Bewohner sollen evakuiert werden ■ Von Gernot Knödler
Der größte Bohrer der Welt hat das Schlimmste hinter sich. Trude (die Abkürzung für „Tief runter unter die Elbe“) hat den Strom unterquert und befand sich gestern in 14 Metern Tiefe unter der Övelgönne. „Ich schlafe jetzt ruhiger“, sagt Wolf Berger, der den Bau der vierten Elbtunnelröhre leitet. Im Jahre 2003 soll sie, mit allem was dazugehört, fertig sein.
Berger ist froh, weil seine Schildvortriebsmaschine ihren Tiefpunkt überwunden hat und sich allmählich wieder der Erdoberfläche entgegenarbeitet. Bis auf 42 Meter hatte sie sich hinabgefräst, um die Elbe sicher unterqueren zu können. Auf dem 13 Meter langen Bohrer lastete gewaltiger Druck – und das ausgerechnet dort, wo die Erde am undurchdringlichsten war.
Riesige Findlinge und ein in Urzeiten unter dem Druck von drei- bis viertausend Meter dickem Eis gehärteter Glimmerton verschlissen die Schneiden des Bohrers. Nachdem Trude sich an einer besonders schwierigen Stelle die Zähne ausgebissen hatte, stand sie im vergangenen Sommer zweieinhalb Monate lang still.
Jetzt ist fast alles wieder gut; nur noch Sand und Mergel liegen dem künftigen Elbtunnel im Weg. „Um Weihnachten rum“, sagt Berger, „hoff' ich, daß wir drüben sind“. Das heißt: in Othmarschen nahe der Bernadottestraße.
Daß auch die letzten Tausend von insgesamt gut 2500 Metern nicht ohne Risiko zurückzulegen sind, zeigen die Meßapparaturen und Injektionsschächte, mit denen der Elbhang durchsetzt ist. In Sekundenbruchteilen erfassen sie, ob sich die Lage der Gebäude über dem Bohrer ändert. Falls ja, pressen die Bauleute in vorbereitete Stollen in acht Metern Tiefe zusätzlichen Zement. Mögliche Setzungen des Bodens können so ausgeglichen, die Häuser wieder stabilisiert werden. Trotz dieser High Tech will die Baubehörde kein Risiko eingehen und spricht deshalb mit den BewohnerInnen am Elbhang über eine zehntägige Evakuierung. Was ansonsten passieren kann? „Sie könnten zum Beispiel im Bett liegen und Ihnen könnte ein Stück Putz von der Decke ins Auge fallen“, sagt Karl-Heinz Krüger von der Baubehörde.
Die Arbeit an der vierten Tunnelröhre liegt im Zeitplan und laut Baubehörde auch finanziell im Rahmen: Die Röhre werde voraussichtlich 970 Millionen Mark kosten, 450 Millionen seien bereits verbaut worden. Vor anderthalb Jahren war noch mit Baukosten von 880 Millionen Mark gerechnet worden.
Während Arbeiter auf der Südseite der Elbe eine Rampe und den Anschluß an die Autobahn sieben bauen und im Norden am Zielschacht werkeln, wird außerdem ein kleines Stück der A7 am nördlichen Tunnelende überdeckelt. Über einem Gerüst werden zehn mal fünfzig Meter große Platten gegossen und nach Norden geschoben – 16 Einzelteile, die 165 Autobahn-Meter überdachen sollen. Der Verkehr kann während dieser Prozedur ungehindert weiterfließen.
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