Landowsky blockiert Verfassungsrichterwahl

■ SPD und Grüne machen Druck, weil die Amtszeit längst abgelaufen ist

SPD und Grüne haben CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky gestern aufgefordert, die längst fällige Neuwahl von Verfassungsrichtern nicht länger zu blockieren. Die Amtszeit von fünf der neun Richter ist bereits seit zwei Monaten abgelaufen. Ihre Nachfolger, darunter auch der neue Präsident des Verfassungsgerichtes, müssen vom Abgeordnetenhaus mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden.

Die Neuwahl scheiterte bislang daran, daß die CDU auf einem Vorschlagsrecht für den Präsidenten des Verfassungsgerichtes beharrt. Die SPD-Abgeordnete Kirsten Flesch verwies gestern darauf, daß die CDU bereits bei der letzten Präsidentenwahl von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht habe. Es sei übliche Praxis, daß sich CDU und SPD hierbei abwechselten.

Als Nachfolger für den 1992 von der CDU nominierten Verfassungsgerichtspräsidenten Klaus Finkelnburg favorisiert die SPD den derzeitigen Vizepräsidenten Ulrich Storost. Flesch mahnte gestern, der herausgehobene Rang des Verfassungsgerichtes gebiete es, die Neuwahl der Richter aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Es sei außerdem unverantwortlich gegenüber den fünf Richtern, deren Amtszeit abgelaufen ist, sie weiterhin über den Zeitpunkt ihres Ausscheidens im ungewissen zu lassen. „Das ist unzumutbar“, sagte Flesch. Sie warf Landowsky vor, mehrere Gesprächsangebote ausgeschlagen zu haben.

Am Donnerstag muß sich nun das Parlament mit der Frage befassen. Denn im Ältestenrat hatte die grüne Abgeordnete Renate Künast gestern darauf bestanden, daß die Richterwahl nicht wieder sang- und klanglos vertagt, sondern auf die Tagesordnung gesetzt wird. Eine Vertagung muß dann eigens beantragt werden, zu einer Debatte wird es in jedem Fall kommen. Künast warf Landowsky gestern vor, mit seiner Verweigerungshaltung das höchste Gericht zum Spielball der CDU zu machen.

Als Vorschlag zur Güte hat die SPD folgendes Verfahren unterbreitet: Über den Ältestenrat reichen die Parteien ihre Personalvorschläge ein, die der Parlamentspräsident dem Haus zur Abstimmung vorlegt. Strittig ist aber auch die Frage, ob die PDS ein Vorschlagsrecht hat. Dies unterstützen nur die Grünen. Die SPD will lediglich dafür Sorge tragen, daß ein linksliberaler Richter vorgeschlagen wird, so daß ein „breites politisches Spektrum“ vertreten sei. Flesch machte gestern Druck auf den Koalitionspartner: „Die SPD ist am Donnerstag entscheidungsbereit.“ Aus der CDU-Fraktion hieß es dazu lapidar: „Dazu sagen wir im Moment nichts.“ Dorothee Winden