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Hauptstadt sucht Polizeipräsident

■  Wenn sich Polizeipräsident Hagen Saberschinsky nicht zu einer einjährigen Amtszeitverlängerung bereit erklärt, hat die Hauptstadt im Herbst ein großes Problem. Die 28.000 Polizisten wären dann ohne Chef und Vizepräsident

Alles deutet darauf hin, daß die Hauptstadt im kommenden Herbst ohne Polizeipräsident dasteht. Die Dienstzeit von Amtsinhaber Hagen Saberschinsky endet im kommenden Oktober, wenn er 60. Jahre alt wird. Was dann kommt, steht in den Sternen. Pikant wird die Angelegenheit dadurch, daß auch der Posten des Vizepräsidenten seit fast einem Jahr unbesetzt ist. Die 28.000 Mitarbeiter zählende Behörde wäre dann kopflos.

Um sich nicht kurz vor den Wahlen am 10. Oktober auf einen Nachfolger einigen zu müssen, wollen CDU und SPD, daß Saberschinsky seine Amtszeit um ein Jahr verlängert. Doch der hat bislang nicht signalisiert, daß er dazu bereit ist. Im Gegenteil: Aus sicherheitspolitischen Kreisen verlautet, daß er für eine bis zum Oktober 2000 befristete Übergangszeit nicht zur Verfügung steht. Er sei nur dann bereit, wenn die Amtszeit bis 2004 - also bis zu seinem 65. Geburtstag - verlängert wird. Saberschinsky selbst äußerte sich bislang nicht zu der Frage, obwohl das Thema seit Wochen durch die Medien geht. Auch sein Dienstherr, Innensenator Eckart Werthebach (CDU), hat sich bislang zu keiner öffentlichen Klarstellung durchgerungen. Im parlamentarischen Innenausschuß drängten die Abgeordneten von SPD und Grünen am vergangenen Montag vergebens auf eine Klarstellung. Werthebach warnte lediglich davor, Amt und Person von Saberschinsky durch die öffentliche Diskussion noch weiter zu beschädigen. Saberschinsky selbst verließ zu Beginn der Debatte mit versteinerter Mine den Raum.

Die SPD-Abgeordnete Heidemarie Fischer hat die „Kaffeesatzleserei gründlich satt“. Die Verantwortung für die verfahrene Situation trage ganz klar die CDU. „ Nach außen tut die CDU so, als ob wir, die SPD, schuld daran wären, daß der Polizeipräsident keine Amtsverlängerung für fünf Jahre bekommt. In Wirklichkeit will es die CDU selber nicht“, sagt sie. Fakt ist, daß die SPD nie einen Hehl daraus gemacht hat, daß sie Saberschinsky für keinen fähigen Polizeipräsidenten hält. Das Zugeständnis einer einjährigen Amtszeitverlängerung ist für die Sozialdemokraten darum das Höchste der Gefühle. Gegen eine fünfjährige Verlängerung spricht laut Fischer zudem, daß Saberschinsky selbst zu Beginn seiner Amtszeit darauf gedrungen hat, im Alter von 60 Jahren in den Ruhestand gehen zu können. Die entsprechende Vorschrift mußte dafür eigens geändert werden. Nun durch eine neuerliche Änderung nochmals eine „Lex Saberschinsky“ zu schaffen, sehe die SPD nicht ein.

Der CDU-Innenpolitiker Rüdiger Jakesch will diese Vorwürfe nicht auf seiner Partei sitzen lassen. „Die CDU hat immer klar gesagt, daß es keine Lex Saberschinsky geben kann“, erklärt er. Als versteckte Kritik an dem Polizeipräsidenten will er dies aber auf keinen Fall verstanden wissen. „Ich könnte mir gut vorstellen, daß Saberschinsky bis zu seinem 65. Lebensjahr weitermacht, wenn dies technisch und rechtlich möglich wäre.“ Ermöglicht werden könne dies aber nur, wenn Saberschinsky sich zunächst zu einer einjährigen Verlängerung bereit erkläre. Dann habe das Parlament auch die überfällige Änderung des Landesbeamtengesetzes vorgenommen, in dem das Pensionsalter des Polizeipräsidenten endgültig auf 65 Jahre festlegt wird. Dann, so Jakesch, könnte Saberschinsky vom Innensenator nochmals für vier weitere Jahre zum Polizeipräsidenten bestellt werden.

Der SPD-Innenpolitiker Hans-Georg Lorenz hält dies jedoch für eine „haarsträubende Trickserei“. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Ebehard Schönberg, erklärte: „Ich würde verstehen, wenn Saberschinsky nach diesem unwürdigen öffentlichen Gezerre nicht verlängert.“ Den Bündnisgrünen wäre es lieber, wenn Saberschinsky noch ein Jahr bleibt, weil sie dann hoffen, den Nachfolger mitbestimmen zu können. „Interessant wäre eine Frau“, sagte Wolfgang Wieland.

Plutonia Plarre

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