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Zehn Jahre Verzicht

Continental entläßt in den USA 800 streikende Arbeiter. Deutsche und US-Gewerkschaften protestieren.  ■   Aus Hannover Jürgen Voges

Durch die illegale Entlassung von über 800 streikenden Arbeitern seines Werks im US-amerikanischen Charlotte ist der Hannoversche Reifenriese Continental beiderseits des Atlantik ins Visier der Gewerkschaften geraten. Die IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und die US-Stahlarbeitergewerschaft United Steelworkers of Amerika (USWA) wollen gemeinsam auf der kommenden Hauptversammlung des viertgrößten Reifenherstellers der Welt einen Verhaltenskodex zur Abstimmung stellen, der die Conti auch jenseits der deutschen Grenzen auf die Gerwerkschaftsfreiheit und ein Verbot von Diskriminierung nach Geschlecht oder Rasse verpflichtet. Die USWA reichte gestern Beschwerden bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und bei der OECD wegen illegaler Arbeitskampfmethoden ein.

Seit acht Monaten streiken die Arbeiter im größten Werk der Conti-Tochter Continental General Tire im US-Bundesstaat North Carolina. Die 1.450 Beschäftigten des Werks hatten zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder auf Lohnerhöhungen gehofft, hatten sie doch seit 1989 immer wieder Kürzungen akzeptiert und so den einst kränkelnden Betrieb wieder kräftig in die Gewinnzone gebracht. Continental General Tire habe nie echte Verhandlungen mit autorisierten Vertretern geführt, sagt USWA-Vorstandsmitglied John Sellers in Hannover. Statt dessen heuerte das Unternehmen 800 Streikbrecher für die Jobs der Streikenden an.

Nach deutschem Recht ist eine solche Festanstellung von Streikbrechern illegal, sie widerspricht laut Beschwerde der USWA auch den Konventionen der ILO. Selbst die Richtlinien der OECD für multinationale Unternehmen verlangen zumindest echte Traifverhandlungen durch autorisierte Unternehmensvertreter. Auch die amerikanische Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen hat die amerikanische Conti-Tochter inzwischen in fünf Punkten wegen illegaler Arbeitskampfmethoden angeklagt. Bei einem Schuldspruch müßte Conti die Löhne der illegal Ausgesperrten ab Streikbeginn nachzahlen und für weitere rund 10 Millionen Dollar an Anwalts- und Gerichtskosten aufkommen, so Sellers. Unterstützt wird die USWA auch von den Arbeitnehmervertretern im Conti-Aufsichtsrat, die vergeblich die Wiedereinstellung ihre entlassenen US-amerikanischen Kollegen verlangt haben. John Sellers will auch den wichtigen Anteilseignern der Conti, wie etwa der Nord/LB, klarmachen, daß „die illegalen Methoden des Arbeitskampfes die Conti am Ende sehr teuer kommen werden“.

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