: USA machen den Konzernkunglern angst
■ Horrende Strafen der Kartellbehörde bringen Manager zum Reden: Preisabsprachen bei Nischenmärkten werden erfolgreich bekämpft. BASF und La Roche haben es gemerkt
Berlin (taz) – Zwei Strafen von 500 und 225 Millionen Dollar für die Chemie- und Pharmariesen Roche und BASF bringen diese profitablen Konzerne nicht um. Aber sie treffen auch die reichsten Firmen empfindlich. Im Falle des schweizer und des deutschen Herstellers wies ihnen das US-Justizministerium Preisabsprachen bei künstlich hergestellten Vitaminen nach. Von 1990 bis Februar 1999 sollen sie die Preise in die Höhe getrieben haben. Hoffmann-La Roche kontrolliert 40 Prozent dieses Marktes weltweit, BASF ist die Nummer zwei.
Am Donnerstag wurden die drakonischen Strafen bekanntgegeben. Gestern schon reagierten die beiden Konzerne mit dem Rauswurf der offiziell verantwortlichen Manager und öffentlichen Entschuldigungen.
Nach dem Abschluß des strafrechtlichen Verfahrens sehen sich die zwei nun noch mit umfangreichen zivilrechtlichen Klagen auf Schadensersatz konfrontiert. Dies sind nicht die ersten Strafen, die das Justice Department gegen die Preiskungler aus großen Konzernen verhängt. Und es werden nicht die letzten sein: Etwa 35 sogenannte grand juries sind in den USA nach Angaben der Financial Times verschiedenen Kartellen auf der Spur. Der bisherige Rekordhalter war ebenfalls ein deutsches Unternehmen: Die SGL Carbon AG, bis 1996 eine Hoechst-Tochter, mußte 135 Millionen Dollar blechen, weil sie sich mit ihren angeblichen Konkurrenten abgesprochen hatte bei Graphitelektroden (benötigt zum Beispiel für die elektrische Stahlschmelze).
Solche Preisabsprachen in Nischenmärkten mit wenigen großen Konkurrenten gab es schon immer. Doch hat das Justizministerium eine neue Methode gefunden, die beteiligten Manager zum Reden zu bringen: eine Art Kronzeugenregelung, die die ansonsten drohenden horrenden Strafen auch für den einzelnen Angestellten mindert.
Wenn ein Manager Informationen über die Preisabsprachen liefert, kann er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Der New Yorker Antitrust-Anwalt Robert McTamaney beschreibt die Taktik so: „Sobald ein Antitrust-Problem erkannt ist, sprechen die Ermittler möglichst mit dem untersten Manager, der an der Sache beteiligt war. Den bringen sie dann dazu, die Höhergestellten zu belasten. Das ist sehr effektiv.“
Außerdem arbeiten die US-Behörden heutzutage besser mit den Ermittlerkollegen in Asien und der EU zusammen. Die Europäer zeigten sich früher recht zahnlos gegen die Kartelle. So wichen die beteiligten Manager mit ihren Treffen teilweise nach Europa aus, um der Überwachung durch die harschen Strafverfolger in den USA zu entgehen. Das scheint ein Ende zu haben. rem
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen