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„Die Lage ist schlimmer als befürchtet“

■ Die UN-Delegation kehrt schockiert aus dem Kosovo zurück. Sie traf auf menschenleere Dörfer und verlassene Fahrzeugkonvois

Podgorica (AP/taz) – Die Lage im Kosovo sei „sehr viel schlimmer, als wir befürchtet haben“, lautet die Bilanz einer dreitägigen Erkundungsmission der Vereinten Nationen. Vieles deute darauf hin, daß alle Kosovo-Albaner aus der serbischen Provinz vertrieben werden sollen, sagte der Leiter der Mission, Sergio de Mello, am Montag in Podgorica. Die 13köpfige Delegation konnte auf ihrer Fahrt durch die Provinz sieben Städte besuchen. Sie habe ausreichende Beweise – „Zerstörungen, verbrannte Häuser und eine Reihe von Geisterstädten und verlassenen Dörfern“ – gesehen, um jeden Zweifel über die serbische Politik der ethnischen Säuberungen zu zerstreuen, sagte de Mello, der stellvertretende UN-Generalsekretär für humanitäre Fragen. Das Team habe zwar nicht alle Orte besuchen können, die es habe besichtigen wollen. Doch hätten er und seine Mitarbeiter ein Bild davon gewonnen, was im Kosovo passiert sei, sagte de Mello.

Zum Beispiel in Muhadzeri Babuc, einem Städtchen, von dessen 1.000 Bewohnern jede Spur fehlt, nur noch Hühner spazierten zwischen den offenbar hastig verlassenen Häusern umher. Oder in Kacanik, wo die Delegation drei alte Männer in der Moschee antraf, die zu krank waren, um zu fliehen. In vielen Häusern zeugten herumliegende Kleidungsstücke und Geschirr von der übereilten Flucht der Bewohner. In Djeneral Jankovic sehen die Beobachter eine lange Reihe von Traktoren und Fahrzeuge, die mit Matratzen und Haushaltsgegenständen beladen sind und von Flüchtlingen zurückgelassen wurden. In Uroevac trafen die UN-Mitarbeiter auf Flüchtlinge, die klagten, daß sie auf dem Weg nach Makedonien von der serbischen Polizei zur Umkehr gezwungen wurden. Die Geschäfte in Uroevac waren offen, das Angebot aber dürftig. Alte Männer standen Schlange vor der Auszahlungsstelle für die Rente. Das UN-Team will heute mit Vertretern der jugoslawischen Regierung zusammenkommen.

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