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Studentenführer verschleppt

Der Kritiker der Islamischen Republik wollte an der Universität Teheran für mehr Demokratie demonstrieren. Zuvor erhielt er eine Morddrohung  ■   Von Thomas Dreger

Berlin (taz) – Ein iranischer Studentenführer ist verschleppt worden. Nach Informationen der Nationalen Studentenvereinigung wurde der Vorsitzende der Organisation, Manuscher Mohammadi, am Dienstag bei einer illegalen Demonstration auf dem Campus der Universität Teheran entführt.

Mohammadis Stellvertreter, Gholamresa Mohadscheri Nedschad, berichtete telefonisch, bei der Demonstration für Demokratie seien zahlreiche Teilnehmer von Sicherheitskräften verletzt worden. Mohammadis Bruder, Akbar Mohammadi, läge im Koma. Der Vorsitzende der Vereinigung selbst habe zuvor einen Drohanruf erhalten: „Wenn Du zu der Demonstration gehst, werden wir dich in Stücke reißen.“

Die Nationale Studentenvereinigung versteht sich als säkulare Organisation, etwas, was es in der Islamischen Republik offiziell nicht gibt. Den konservativen Kräften im Machtapparat ist sie verhaßt. Vermutlich sind Mohammadis Entführer deshalb in diesen Kreisen zu suchen.

Zu der Demonstration hatten mehrere Studentenorganisationen aufgerufen, darunter der Islamische Studentenverband. Dessen Vorsitzender Hedschmatollah Tabarsadi hat wegen seiner Kritik an „Welajat-e Faqih“ – der Grundlage der Theokratenherrschaft – an iranischen Universitäten Hausverbot. Obwohl die Leitung der Teheraner Universität politische Kundgebungen verboten hat, nahmen nach Angaben der Nationalen Studentenvereinigung etwa 3.500 Menschen teil.

Auf der Kundgebung sollte auch die Frau von Abbas Amir Entesam sprechen, Irans am längsten einsitzender politischer Gefangener. Schon am Sonntag hatten religiöse Schlägertrupps eine Kundgebung von rund 7.000 Studenten im Lale Park, unweit der Uni, gestört. Die Demonstranten wollten den zweiten Jahrestag der Wahl des reformorientierten Präsidenten Mohammad Chatami feiern. Bereits am 19. Mai, dem Geburtstag des 1953 mit Hilfe der CIA gestürzten linken Präsidenten Mohammad Mossadegh, hatten Studenten an dessen Grab demonstriert. Auch sie waren von bewaffneten religiösen Hooligans überfallen worden. Unter den Verletzten war auch der jetzt verschwundene Manuscher Mohammadi.

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