: Flüchtlinge hungern im Niemandsland
■ Elend ohne Ende: 15.000 vertriebene Kosovo-Albaner stehen vor der verschlossenen Grenze nach Makedonien. UN-Flüchtlingshilfswerk will grenznahe Lager evakuieren, Cap Anamur protestiert
Berlin (dpa/epd/taz) – An der Grenze zu Makedonien hat das Elend der Kosovo-Flüchtlinge schreckliche Ausmaße angenommen. 15.000 Menschen wollten sich gestern nach Makedonien retten, wurden von Serben aber daran gehindert, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk. Zunehmend flüchteten die Kosovaren aus Angst vor einer Hungersnot. Die Menschen äßen von Tag zu Tag weniger, sagte eine Sprecherin des Welternährungsprogramms. Sie durchsuchten verlassene Häuser nach Eßbarem.
Bis gestern morgen war es noch 7.500 Menschen gelungen, über die Grenze zu kommen. Viele hatten schon seit Montag ohne Nahrung und Wasser im Niemandsland ausgeharrt. Sie berichteten von den 15.000 Menschen, die noch nach ihnen ins Grenzgebiet gebracht worden seien. Bis Redaktionsschluß gab es keine Nachricht von einer Grenzöffnung.
Die Neuankömmlinge kamen in die überfüllten Flüchtlingslager. Dort herrschten „apokalyptische Zustände“, sagte die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck. Nach Ansicht des UNHCR müssen daher neue Lager aufgebaut oder mehr Flüchtlinge nach Albanien verlegt werden.
Die Evakuierung von Flüchtlingen aus nordalbanischen Camps in den Süden des Landes sorgt unterdessen für heftigen Streit zwischen dem UNHCR und dem Komitee Cap Anamur. Dessen Chef Rupert Neudeck wirft dem UNHCR vor, die Flüchtlinge gegen ihren Willen in andere Lager zu verlegen. Nächste Woche will er Bundeskanzler Schröder eine Petition überreichen, in der sich die 5.000 Flüchtlinge des Cap-Anamur-Camps für einen Verbleib im Lager ausgesprochen haben sollen. Das UNHCR verteidigte die Evakuierung. Die Sicherheit der Flüchtlinge sei nicht mehr gewährleistet, sagte ein UNHCR-Sprecher zur taz. Zudem sei der zivile Charakter der Lager bedroht, weil die UÇK dort Kämpfer rekrutiere. Es würden aber nur Flüchtlinge verlegt, die dazu bereit seien. Jutta Wagemann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen