Kommentar: Ein Stoppschild zuviel
■ Warum das Verbot der linken Demo zur Wehrmachtsausstellung falsch ist
Das Stoppschild steht an der falschen Stelle. Wenn heute die Hamburger Innenbehörde die linke Demonstration zur Wehrmachtsausstellung verbietet, ist das nicht einfach Unfug. Es ist das falsche Signal.
Den Rechtsextremen geht es am 5. Juni um mehr als um den soundsovielten Aufmarsch des „Nationalen Widerstands“. Wo immer die Wehrmachtsausstellung zu sehen war, gaben sie in den vergangenen vier Jahren ihre Parolen zum besten. In der Herkunftsstadt der Ausstellung, die gleichzeitig deren letzte Station ist, blasen sie nun zum großen Finale.
Die meisten der 5000 HamburgerInnen, die dagegen demonstrieren wollen, sind weder „Autonome“ noch das, was Polizei und Staatsschutz als „gewaltbereit“ einstufen. Dennoch verbietet die Innenbehörde gleich beide Demonstrationen – und erzeugt damit den Eindruck, daß rechts- und linksextreme ChaotInnen die Stadt unsicher machen wollten, gleichermaßen und unabhängig voneinander.
Daß die linke Demonstration eine Reaktion auf die der Rechtsextremen ist, wird geflissentlich übersehen. Es würde reichen, den Aufmarsch der Rechten zu untersagen. Die Gegendemonstration geriete so zu einer Aktion, die zur kritischen Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit ermutigt. Und eine solche darf nicht als Belastung für die Polizei oder Störung der stadtstaatlichen Ruhe abgetan werden.
Die gefürchteten Krawalle hätte die Behörde damit vermieden. Und es wäre in der Heimatstadt der Ausstellung das richtige Signal gewesen.
Judith Weber
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