: Stadt wehrt sich mit Macht
Linke und rechtsradikale Demos zur Wehrmachtsausstellung werden verboten. Nur der DGB darf feiern. Klagen angekündigt ■ Von Judith Weber
Weder Rechtsradikale noch Linke dürfen anläßlich der Wehrmachtsausstellung in Hamburg demonstrieren. Die Innenbehörde wird beide für den 5. Juni angemeldeten Protestzüge untersagen; heute werden die Verbotsverfügungen zugestellt, so Polizeisprecher Reinhard Fallack gestern zur taz. Grund seien „die zu befürchtenden Gewalttätigkeiten. Wir haben zu wenig Polizeikräfte, um das in den Griff zu kriegen“. Verschärft werde das Problem dadurch, daß Linke und Rechte dieselbe Route nehmen wollen. Nicht mal „eine räumliche Trennung ist gegeben“.
Jene, die zu den Demonstrationen aufgerufen haben, wollen sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen lassen. Der „Nationaldemokratische Hochschulbund“ hat angekündigt, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen; „Der Widerstand wird marschieren“, heißt es in Pressemitteilungen des NPD-Ablegers. 1000 Rechtsradikale wollen in der City gegen die Wehrmachtsausstellung mobil machen.
Um das zu verhindern, wird das „Bündnis gegen Rassismus und Faschismus“ ebenfalls vor Gericht um sein Demonstrationsrecht kämpfen: „Wir wollen unsere Aktion auf jeden Fall durchziehen“, erklärte gestern Bündnis-Sprecher Andreas Grünewald. Schließlich „zeigt die Erfahrung, daß Nazi-Demos oft in letzter Sekunde doch noch genehmigt werden“. Die Rechtsradikalen seien so straff organisiert, daß sie auch kurzfristig zahlreich aufmarschieren könnten.
Wenn das passiert, glauben Polizei und Verfassungsschützer, seien Gewalttaten programmiert. „Hamburg drohen die größten Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremen seit Gründung der Bundesrepublik“, warnte gestern Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Schuld an möglichen „Zusammenstößen“ seien vornehmlich die Linken, glaubt der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, Reinhard Wagner (CDU). „Die Militanzdebatte bei ihnen ist abgeschlossen, man geht zur Tat über.“
Beim Gewerkschaftsbund DGB, Kirchen, Parteien und Verbänden vermuten die Behörden weniger gewalttätiges Potential: Sie dürfen am 5. Juni mit einem Fest gegen den möglichen Aufmarsch der Rechten protestieren. „Angstfrei“ sollen „auch Jugendliche, Ältere und Familien mit Kinderwagen“ auf den Hopfenmarkt kommen, erklärte Bischöfin Maria Jepsen. „Da wird eine Polizeipräsenz wie bei einem Laternenumzug nötig sein“, glaubt DGB-Chef Erhard Pumm.
Die Beamten dürfte das freuen. Doch selbst wenn das Verwaltungsgericht die Demo-Verbote bestätigt, „werden wir unsere Kräfte nicht nach Hause schicken“, so Fallack. Rechtsextreme Gruppen hielten sich zwar meist an gerichtliche Anordnungen, tauchten ersatzweise aber an anderen Orten zu Spontanmärschen auf – wie am 1. Mai dieses Jahres.
Nach dem Verbot einer NPD-Kundgebung in Bremen marschierten zur Überraschung von Polizei und AntifaschistInnen Rechte daraufhin durch Ahrensburg, Henstedt-Ulzburg und Quickborn.
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