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Der Marshallplan für den Balkan soll nun kommen

■ Erste Schritte zu Hilfe für die betroffenen Staaten beschlossen. EU-Aufnahme möglich

Berlin (taz) – Der vielgerühmte „Marshallplan“ für den Wiederaufbau der Länder Südosteuropas hat eine erste Hürde genommen. Möglichst noch im Juni soll ein Balkan-Stabilitätspakt beschlossen werden, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) gestern in Bonn.

Dort hatten sich hochrangige Beamte aus 30 Staaten getroffen, von den USA bis Rußland, von der EU bis zu den Anrainerstaaten Jugoslawiens. Alle Delegierten stimmten nach Auskunft aus Regierungskreisen der Initiative „im Grundansatz“ zu. Dann wurden die Details eines Vertragsentwurfs diskutiert. Einen Termin für einen Gipfel zum Thema gibt es aber anscheinend noch nicht.

Wie kann dem Balkan nach dem Kosovo-Krieg geholfen werden? Viele denken dabei vor allem an den wirtschaftlichen Wiederaufbau; wenn die Menschen sehen, daß es wieder Arbeit gibt, werden sie vielleicht friedlich zusammen schaffen. Für rechtsstaatliche Verhältnisse wird dann schon das wachsende Interesse der Menschen an stabilen Verhältnissen sorgen, so das Kalkül.

Diese Rechnung ging für Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg einigermaßen auf. Der Zündfunke für den Umbau von Kriegs- auf zivile Wirtschaft war damals unter anderem der Marshallplan des gleichnamigen US-Außenministers und Fünfsternegenerals.

Von 1948 bis 1951 flossen damals gut 13 Milliarden US-Dollar nach Westeuropa – nach heutigem Wert etwa 100 Milliarden Dollar. Deutschland stand an Nummer drei der Empfängerländer hinter Großbritannien und Frankreich und erhielt insgesamt 3,3 Milliarden Dollar. Mit dem Geld sicherten sich die USA nicht nur die Freundschaft der Empfängerländer, sondern kurbelten auch die Wirtschaft in wichtigen Exportmärkten an. Weil er in den 50ern so gut funktionierte, forderten Politiker von US-Präsident Bill Clinton bis Bundeskanzler Gerhard Schröder schon vor einem Monat einen kleinen „Marshallplan“ für die Staaten Südosteuropas.

Doch selbst wenn die reichen Länder viele Milliarden in die heutige Krisenregion umleiten: Geld allein wird nicht genügen, meinten Fachleute auf einer Konferenz des Centre for European Policy Studies in Brüssel letzte Woche (www.ceps.be). Sie fordern die EU in einem Zehnpunkteprogramm auf, mit den betroffenen Ländern so schnell wie möglich Verhandlungen über eine Assoziation, eine Art Mitgliedschaft zweiten Ranges, aufzunehmen.

Soweit wollen die Regierungen der EU anscheinend noch nicht gehen: Fischer meinte zwar gestern auf dem Bonner Petersberg, die Staaten Südosteuropas müßten wissen, daß sie einen festen Platz im „Europa der Moderne“ haben. Er machte jedoch zugleich klar, daß der anvisierte Pakt für die beteiligten Länder keine Abkürzung in die Europäische Union darstelle. Für die Balkanländer soll die Erfüllung derselben Kriterien gelten, die die Union generell für die Osterweiterung beschlossen hatte.

Ein offizieller Beitritt in die EU ist natürlich nicht möglich, solange die demokratischen und rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Doch eine einheitliche Zollunion zum Beispiel halten die Brüsseler CEPS-Forscher schnell für verwirklichbar – ebenso wie eine ausgedehnte Euro-Zone bis 2002 oder 2003.

Einen anderen Ausweg sieht Michael Emerson vom CEPS nicht: „Albanien, Makedonien, Kroatien, Bosnien und Jugoslawien müssen in die europäische Ordnung aufgenommen werden – bevor sie diese zerstören.“ Reiner Metzger

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