: Bloß keine Experimente
■ Nord-Grüne setzen auf Doppelspitze Fröhlich und Steenblock bei der Landtagswahl. Linke Birk schrammte an Debakel vorbei
Schleswig-Holsteins Grüne sind immer wieder für Überraschungen gut. War vor dem Parteitag in Husum an diesem Wochenende noch mit Spannung erwartet worden, ob und wie sich der parteiintern umstrittene Umweltminister Rainder Steenblock bei seiner Bewerbung um Platz zwei der Landesliste durchsetzen würde, rückte in Husum eine andere Politikerin in den Blickpunkt. Während sich Steenblock überraschend souverän gegen seine Mitbewerber durchsetzte ( ausführlicher Bericht Seite 8), schrammte Frauenministerin Angelika Birk an einem Debakel vorbei.
Die Linke hatte vor dem Parteitag offen gelassen, ob sie Fraktionschefin Irene Fröhlich Platz eins streitig machen wollte. Sie war flügelintern in Zugzwang geraten, nachdem Angelika Beer vor zwei Wochen auf eine Kandidatur um Platz eins verzichtet hatte. Die Neumünsteranerin, die sich als verteidigungspolitische Expertin der Grünen in Bonn bundesweites Profil zulegen konnte, war die Wunschkandidatin der Linken gewesen.
Erst als am Freitag abend die Delegierten die linke Vorstandssprecherin Monika Mengert durch die Reala Monika Obieray ersetzten, gab Birk dem Druck ihres Flügels nach und trat gegen Fröhlich an. Die Machtprobe mißlang, Fröhlich setzte sich durch. Dann versuchte es Birk auf Platz drei und trat gegen Monika Heinold an.
Heinold, die Expertin für Finanzpolitik in der Landtagsfraktion, ist in der Partei eigentlich unumstritten. Sie sei sogar gut für Platz eins, heißt es grünenintern. Dennoch unterlag sie knapp mit 56 zu 60 Stimmen gegen Birk. Viele Delegierte räumten nach der Wahl ein, nur für Birk votiert zu haben, um einen Konflikt mit der Parteilinken zu vermeiden. Heinold mußte sich mit Platz fünf hinter Karl-Martin Hentschel benügen. Der Fraktionsgeschäftsführer war bei seiner Kandidatur um Platz zwei bereits im ersten Wahlgang gescheitert.
Birk ist nun die einzige Linke auf den ersten fünf Listenplätzen, die als sicher gelten, sofern die Grünen bei der Landtagswahl am 27. Februar nächsten Jahres erneut die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Das Ergebnis von 8,1 Prozent bei der Wahl im März 1996 hatte für sechs Mandate gereicht.
Die Partei setzt mit Irene Fröhlich, die sich selbst keiner Parteiströmung zuordnen lassen will, aber den Realos zumindest nahe steht, und dem angeschlagenen Rainder Steenblock auf ihre bekannten Politiker, die die Gewähr für eine eventuelle Fortsetzung der Koalition mit der SPD bieten soll.
Die erste Nagelprobe könnte die Europawahl sein. Hier hat die Partei das Problem, daß das Engagement für diese Wahl – auch wegen des Nato-Krieges gegen Jugoslawien – eher mäßig ist. Bundesvorstandssprecherin Antje Radcke und die Spitzenkandidatin Heide Rühle appellierten deshalb an die Partei, sich am Wahlkampf zu beteiligen.
Rüdiger Ewald/Sven-Michael Veit
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