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Strafanzeige gegen Schill

Anwälte verklagen berüchtigten Amtsrichter wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung. Amtsenthebung wird angestrebt  ■ Von Kai von Appen

Dem berüchtigten Hamburger Amtsrichter Ronald Schill geht es nun selbst an den Kragen. Zwei Hamburger Juristen kündigten gestern eine Strafanzeige gegen Schill wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung an. Außerdem wollen die beiden AnwältInnen Ursula Ehrhard und Andreas Beuth ein Diziplinarverfahren zwecks Amtsenthebung anstrengen. Beide werfen Schill einen „Verstoß gegen das Mäßigungsgebot“ und „zielgerichtete Verschleppung von Rechtsmitteln“ vor. „Dieser Richter ist nicht mehr länger tragbar“, sagte Beuth.

Schill hatte vor zwei Wochen den 33jährigen Andreas B. wegen Nötigung eines Polizisten zu 15 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Bei ihren Anträgen geht es B.'s Verteidigerin Ehrhard jedoch nicht um das Strafmaß, das ihrer Meinung nach ohnehin von der nächsten Instanz kassiert wird. Ausschlaggebend für sie ist Schills Verhandlungsführung. Der Amtsrichter hatte zum Prozeß ihm persönlich wohlgesonnene Journalisten eingeladen. Damit, so Erhard, habe er seine Dienstpflichten verletzt. „Ein Richter hat die Unabhängigkeit zu wahren.“ Durch seine Einladungstaktik habe Schill sich jedoch „ein Forum für seine rechtspolitischen Auffassungen geschaffen“.

Ein weiterer Anlaß für die Anträge der beiden Juristen ist die dreitägige Ordnungshaft gegen zwei Zuhörer, die Schill noch im Prozeß verhängte und die sofort vollstreckt wurde. Obwohl Rechtsanwalt Beuth unverzüglich Beschwerde einlegte, regte Schill sich nicht. „Ordnungshaft ist Freiheitsentzug“, erläutert Beuth, „deshalb muß ein Richter über die Beschwerde sofort entscheiden“. Schill hätte die Akte also unverzüglich mit einem kurzen handschriftlichen Vermerk dem Hanseatischen Oberlandesgericht vorlegen müssen. Doch nichts geschah.

Am Tag nach dem Prozeß erschien der Amtsrichter gar nicht erst zum Dienst. Auch am nächsten Tag blieb die Akte unberührt. Erst als die Richter des Oberlandesgerichts Beharrlichkeit zeigten, rückte Schill die Akten am Abend heraus. Nach einer Stunde waren die beiden Männer dann frei. Die Richter des Oberlandesgerichts stellten fest, daß die Ordnungshaft schon aus „formalen Gründen“ aufgehoben werden mußte.

„Man muß sich fragen, ob Schill die Akten überhaupt bearbeitet hat“, sagt Beuth. Sollte der Richter die Entscheidung bewußt verschleppt haben, sei das Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung. „Das ist ein Verbrechen“, so Beuth, das mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden könne. Beuth will umgehend bei der Hamburger Staatsanwaltschaft Strafantrag stellen und eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Wenn das Präsidium des Amtsgerichts den Antrag zuläßt, muß ein sogenanntes Dienstgericht über eine Amtsenthebung entscheiden. Aus Justizkreisen ist zu vernehmen, daß zumindest die Dienstaufsichtsbeschwerde durchaus Aussichten auf Erfolg habe. „Ein Dienstgericht“, so Beuth, „kann auch im Eilverfahren die vorübergehende Suspendierung beschließen“.

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