Schulen drängen auf Modellprojekt für Islamunterricht

■ Erste Konzepte liegen in der Schublade. Schulsenatorin will Ende Juni Rahmenpläne für „Islamkunde/Ethik“ vorlegen. Türkischer Bund: Projekt hundertprozentig durchdenken

Die SchulleiterInnen wollen endlich loslegen, doch die Schulverwaltung läßt sich Zeit. Für das Modellprojekt „Islamkunde/Ethik“ gibt es noch „keine von Schulsenatorin Stahmer autorisierten Rahmenpläne“, ließ Sprecherin Rita Hermanns gestern verlauten. Es sei noch nicht klar, wie viele Schulen mit wie vielen LehrerInnen sich an dem staatlichen Islamunterricht beteiligen werden. „Wir hoffen jedoch, daß wir nächstes Schuljahr anfangen können“, sagte Hermanns. Ende Juni sollen die Rahmenpläne vorliegen. Sieben Grundschulen in Schöneberg und Kreuzberg seien derzeit im Gespräch.

Das Modellprojekt „Islamkunde/Ethik“ soll auf Initiative des liberalen Türkischen Bundes eine Ergänzung zum islamischen Religionsunterrichts der fundamentalistischen Islamischen Föderation sein. Das Oberverwaltungsgericht hatte im November 1998 der Islamischen Föderation den Status einer Religionsgemeinschaft zugebilligt und damit den Weg für Religionsunterricht freigemacht.

„Wir haben bereits eine Vorlage für die erste Klasse, mit der man sofort anfangen könnte“, sagt Annette Spieler, Rektorin der Fichtelgebirge-Grundschule. Fast 70 Prozent der Kinder der Schule am Görlitzer Ufer sind nicht-deutscher Herkunftssprache. Im Unterricht würden dann Themen besprochen wie „Was ist der Ramadan“ oder „Wie funktioniert eine Moschee“. Die zwei Stunden in der Woche würden von einer Lehrerin türkischer Herkunft in deutscher Sprache angeboten, die bereits an der Schule unterrichte.

Die Schulleiterin geht davon aus, daß das Modellprojekt regen Anklang finden wird. „Viele türkische Eltern sind dankbar darüber, wenn ihre Kinder etwas über Religion erfahren, aber sie sie nicht auf eine Koranschule schicken müssen“, hat Spieler erfahren. Zudem gebe es sogar deutsche Eltern, die Interesse bekundet hätten. Auch an der Kreuzberger Lemgo-Grundschule könnte sofort begonnen werden. Zwei deutsche LehrerInnen sollen hier unterrichten, so Schulleiter Friedrich Wachholz. An der Schule sind gut 400 von 620 Kindern nicht-deutscher Herkunftsprache.

Vertreter des Türkischen Bundes (TBB) wollten gestern noch einmal Gespräche mit Schulsenatorin Ingrid Stahmer über die Rahmenpläne führen. „Das Projekt muß hundertprozentig durchdacht sein, sonst ist es eine Totgeburt“, sagte TBB-Sprecher Safter Çinar. Daher müsse das Projekt seiner Meinung nach nicht unbedingt sofort nach den Sommerferien starten. Auch die Islamische Föderation sei mit ihren Rahmenplänen noch nicht besonders weit. Julia Naumann